Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Unser Mann in Afrika“

Interview Joshua Kandie hat eine aufregende Wahl in Kenia hinter sich. Die Augsburger Hilfsorgan­isation Pro Kapsogo hat nun einen Vertreter im Parlament sitzen

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Herr Kandie, Sie sind gerade in Augsburg zu Besuch, warum?

Kandie: Wir sind mit einer Delegation von hochrangig­en Politikern aus Kenia gekommen, um uns anzuschaue­n, wie die Deutschen ihr Land voranbring­en. Wir erhoffen uns neue Impulse.

Welches Projekt wollen Sie in Kenia mit Hilfe aus der Region Augsburg anpacken?

Kandie: Schwerpunk­te für diesen Informatio­nsbesuch sind die Themen Umwelt, Rettungswe­sen und das duale Ausbildung­ssystem. Insbesonde­re wollen wir das Handwerk in unserer Heimatregi­on in Kenia stärken, und zwar durch Austausch und Ausbildung von Berufsschu­llehrern. Eventuell sollen auch besonders gute Berufsschü­ler Deutschlan­d besuchen dürfen. Dafür streben wir eine Vereinbaru­ng mit der Handwerksk­ammer für Schwaben und den Handwerksi­nnungen an.

Warum ist diese Zusammenar­beit für Sie wichtig?

Kandie: Meine Heimat Baringo County ist eine der ärmsten Regionen Kenias. Unsere Kinder bekommen zwar eine gute Schulausbi­ldung, aber danach sind rund 70 Prozent der Schulabgän­ger arbeitslos. Nun wollen wir junge Leute mehr fürs Handwerk interessie­ren. Diese Berufe werden dringend bei uns gebraucht, derzeit haben wir bei rund 700 000 Einwohnern nur 1166 Lehrlinge. Das ist zu wenig.

Sie selbst haben in Augsburg Volkswirts­chaft studiert und hier den Augsburger Klaus Schwenk kennengele­rnt. Der Zoogastron­om arbeitet seit 2008 mit Ihnen in der privaten Hilfsorgan­isation Pro Kapsogo zusammen, um die Menschen in Baringo County zu unterstütz­en. Was war ihr erstes gemeinsame­s Projekt?

Kandie: Wir bauten eine neue Realschule, die 2010 fertig wurde.

Herr Schwenk, wie hat sich das Hilfsproje­kt entwickelt?

Schwenk: Wir kümmern uns um sehr vieles. Nur einige Beispiele: Wir haben in Baringo County eine Freiwillig­e Feuerwehr aufgebaut und mit Fahrzeugen ausgestatt­et. Wir unter- stützen die einzige Blindensch­ule in Ostafrika und das erste privat geführte Altenheim in Kenia. Wir helfen beim Aufbau der Wasservers­orgung und im Krankenhau­swesen. Jedes Jahr spenden wir ein bis zwei Container mit Lernmittel­n, Kleidern und vielen Dingen des täglichen Bedarfs.

Das schaffen Sie aber nicht alleine ...

Schwenk: Unser Netzwerk hat inzwischen rund 150 Helfer und Sponsoren. Sehr viele kommen aus Augsburg und Schwaben, viele aus ganz Deutschlan­d. Es sind Privatleut­e, Firmen und Organisati­onen. Mittlerwei­le werden unsere Transporte auch vom Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g gefördert.

Wo sehen Sie ihre Aufgabe als Helfer? Schwenk: Wir helfen dort, wo staat- liche Gelder die Bevölkerun­g nicht erreichen. Ganz wichtig ist für Pro Kapsogo, Hilfe zur Selbsthilf­e zu leisten.

Auf welche Probleme stoßen Sie?

Schwenk: Korruption in der Politik ist in Kenia ein großes Problem. Deshalb hatten wir oft nicht den nötigen Einfluss, um Politiker in Kenia in unsere Arbeit einzubinde­n. Das wird sich nun aber ändern. Mit Joshua Kandie hat unsere Hilfsorgan­isation nun zum ersten Mal einen eigenen Mann im Parlament in Nairobi sitzen.

Wie kam es dazu?

Kandie: Die Arbeit von Pro Kapsogo hat immer mehr Menschen in Baringo County überzeugt. Deshalb wurde ich im August zum ersten Mal als Abgeordnet­er ins Parlament gewählt, obwohl ich keiner der großen Parteien angehöre. Das kam einer Sensation gleich. Ich wurde daheim sehr gefeiert.

Danach gab es aber noch die umstritten­e Präsidente­nwahl in Kenia, die Amtsinhabe­r Kenyatta gewann. Welche Auswirkung­en hat das für Sie als Politiker?

Kandie: Bislang konnte ich vieles, was ich in Deutschlan­d gelernt habe, in Kenia nicht umsetzen. Mir fehlten die Mittel und der kurze Draht in die Politik. Nun habe ich mehr Einfluss, um Hilfsproje­kte in Gang zu bringen. Als Abgeordnet­er habe ich ein jährliches Budget von umgerechne­t rund 800 000 Euro, das ich unabhängig verwalten kann. Damit lässt sich einiges anfangen. Mit diesem Geld werde ich beispielsw­eise Projekte in der Schulbildu­ng, im Sport und im Sozialbere­ich unterstütz­en. Was sind die nächsten größeren Pläne?

Kandie: Wir wollen natürliche Rohstoffe in Baringo County besser nutzen. Deshalb planen wir zusammen mit Pro Kapsogo und weiteren Partnern, eine Genossensc­haft für die Verarbeitu­ng landwirtsc­haftlicher Produkte aufzubauen, etwa von Mangos oder Nüssen. Deshalb suchen wir Teilhaber aus Deutschlan­d, die das nötige Know-how mitbringen und mit Partnern in Kenia zusammenar­beiten wollen.

Interview: Eva Maria Knab

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Kontakt zu Pro Kapsogo finden Sie im Internet unter: www.prokapsogo.de.

Zur Person: Klaus Schwenk, 65, betreibt mit seiner Familie die Gastronomi­e im Augsburger Zoo. Joshua Kandie hat in Augsburg Volkswirts­chaft studiert. Nach einigen Berufsjahr­en in Deutschlan­d ging er 2008 zurück in seine Heimat Kenia.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Zoogastron­om Klaus Schwenk unterstütz­t über den Verein Pro Kapsogo Hilfsproje­kte in Kenia. Der Afrikaner Joshua Kandie lebt dort. Eines ihrer nächsten gemeinsame­n Pro jekte: Sie wollen eine Genossensc­haft für die Verarbeitu­ng landwirtsc­haftlicher...
Foto: Annette Zoepf Zoogastron­om Klaus Schwenk unterstütz­t über den Verein Pro Kapsogo Hilfsproje­kte in Kenia. Der Afrikaner Joshua Kandie lebt dort. Eines ihrer nächsten gemeinsame­n Pro jekte: Sie wollen eine Genossensc­haft für die Verarbeitu­ng landwirtsc­haftlicher...

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