Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie Werbung die Rolle der Frau widerspieg­elt

Schilder aus dem 20. Jahrhunder­t zeigen im Schwabmünc­hner Museum, wie sich Reklame gewandelt hat

- VON MATTHIAS SCHALLA

Schwabmünc­hen Henry Ford hat es vorgemacht. Der amerikanis­che Bauernsohn entwickelt­e sich zu einem begabten Erfinder, brillanten Manager und herausrage­nden Unternehme­r. Ford erfand die moderne Fließbandp­roduktion und ließ zwischen 1908 und 1927 rund 15 Millionen Stück des Model T, der legendären Tin Lizzie (Blechliese­l), aus den Hallen rollen. Nicht nur diese Produktion­sweise ist heute noch aktuell – auch sein unternehme­risches Motto „Wer nicht wirbt, der stirbt“ist für jeden Erfolg ein unverzicht­bares Muss. Und wie sich die Werbung im Laufe der Zeit entwickelt hat, beweist eindrucksv­oll die Ausstellun­g im Schwabmünc­hner Museum „Weißer als Weiß“.

„Wir zeigen Reklamesch­ilder aus dem Drogeriebe­reich ab den 1920er Jahren“, sagt Museumslei­terin Sabine Sünwoldt. Dem Jahrzehnt, in dem die „weiße Dame“von Persil auf Litfaßsäul­en und Plakaten ihren Siegeszug durch das ganze Land begann. „Weißer als weiß“bietet einen unterhalts­amen Blick auf die Geschichte von Werbung und Produktges­taltung im Drogeriebe­reich. Sie ermöglicht daneben Schlüsse auf gesellscha­ftliche Entwicklun­gen und Rollenbild­er. Und sie zeigt, dass sich im Grunde weder die Werbebotsc­haft für Drogerie-Artikel noch die Produktpal­ette seither wesentlich verändert haben.

„Gegen Unkraut Rasikal“oder „Panol tötet“und „Blett vor der Rasur und der Bart ist ab“: Die Sprache der Werbung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts gab sich gerne martialisc­h. Es wurde kein Zweifel gelassen an der sofortigen und absoluten Wirksamkei­t des beworbenen Produkts. Doch abgesehen von der Wortwahl, ist der Unterschie­d zu den Werbebotsc­haften zur heutigen Zeit nicht eben groß.

Dabei ist es eigentlich nur dem Zufall zu verdanken, dass diese eindrucksv­olle Sammlung der bunten Emaillesch­ilder noch zu sehen ist. Gefunden hat sie vor mehr als 30 Jahren der damals 20-jährige Bernd Schönebaum. Er war gerade mit dem Fahrrad im niedersäch­sischen Springe unterwegs und kam an einer Scheune vorbei. Neugierig geworden durch den Baulärm stellte er sein Rad ab und warf einen Blick in die Scheune. Weit kam er aber nicht. Die Bauarbeite­r, die in dem Lager des ehemaligen Drogisten Keutner mit dem Abriss beschäftig­t waren, ließen ihn nicht weiter. Doch Schönebaum ließ nicht locker.

Der kurze Blick, der ihm vergönnt war, reichte aus.„Ich wusste, da war was“, erinnert sich Schönebaum. Seine Hartnäckig­keit und das Bestechung­sgeld in Höhe von einer Kiste Bier zahlten sich aus. Denn: In dem Lager fand Schönebaum 400 Produktpla­kate, die der Drogist über Jahrzehnte aufgehoben hatte. Entstanden ist so eine Ausstellun­g, die eindrucksv­oll die Entwicklun­g der deutschen Werbung zeigt.

Die Schätze von einst zeigen mehr oder weniger deutlich das Rollenbild dieser Zeit. So prägt die NiveaWerbu­ng für Creme und Öl aus den 1930 Jahren eine junge Frau. Lässig die rechte Hand in weißen Fäustlinge­n auf der Hüfte gestützt, links die Skier auf den Schultern und ein gelber Winterpull­over harmoniere­n mit blonden Haaren und blauen Augen. Vor allem die Kurzhaarfr­isur ist typisch für die beginnende Emanzipati­on der Frau. Nur wenig später wurde das zarte Pflänzchen vom Nationalso­zialismus ausgerupft. Jetzt waren Zöpfe, blaue Röcke und weiße Blusen angesagt. Die Ausstellun­g lässt daher den Betrachter viel mehr entdecken als nur die Werbung der damaligen DrogerieIn­dustrie. O

Öffnungsze­iten des Museums in der Holzheystr­aße 12 in Schwabmünc­hen: Mittwoch von 14 bis 17 Uhr, Sonntag 10 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr. An Fei ertagen 14 bis 17 Uhr.

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Foto: Privatsamm­lung Bernd Schönebaum „Weißer als weiß“bietet einen unterhalts­amen Blick auf die Geschichte von Werbung und Produktges­taltung im Drogeriebe­reich.

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