Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Denise Herrmann ist plötzlich Weltspitze
Porträt Als Langläuferin war Herrmann nur mäßig erfolgreich. Doch im Biathlon erregt die 28-Jährige nun Aufsehen. Warum der Wechsel der Sportart so attraktiv ist
Was ist wichtiger beim Biathlon: das Laufen oder das Schießen? Um in die Weltspitze vorzustoßen, muss ein Sportler beide Disziplinen beherrschen. Die Basis bildet jedoch der Skilanglauf, denn es gilt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Die Technik beherrscht Denise Herrmann aus dem Effeff. Die 28-Jährige hat bei Olympia 2014 in Sotschi Bronze in der Langlauf-Staffel geholt. Achtmal war Herrmann im Langlauf auf dem Podest gelandet, nie jedoch auf Platz eins. Im Biathlon sorgte die Skijägerin mit den beiden Weltcup-Siegen vom Wochenende in Östersund für Schlagzeilen. Erst seit 19 Monaten trainiert Herrmann auch mit dem Gewehr, bis zu 17 000 Schuss sind es in einer Saison. In Östersund zeigte sich die in Ruhpolding trainierende Athletin abgeklärt. Nach dem Sieg im Weltcup-Sprint meinte Bundestrainer Gerald Hönig: „Der Sprint ist lauflastig. Wenn man solch ein Laufvermögen hat, dann ist man immer in der Lage, vorne anzugreifen.“Im Verfolgungsrennen bewies die 28-Jährige beim letzten Stehendschießen Nervenstärke im Duell mit Justine Braisaz. Beide schossen fehlerfrei und die Französin verließ den Schießstand als Erste. Herrmann streifte in aller Ruhe die Handschuhe über, bevor sie die Verfolgung aufnahm. Sie wusste: Die schnapp ich mir mit meiner guten Lauftechnik. Nach der Siegerehrung wurde die Sächsin auf die siebenmalige Weltmeisterin Laura Dahlmeier angesprochen, die wegen einer Erkältung in Schweden fehlte. Auf Augenhöhe sieht sich Herrmann mit ihrer Teamkollegin noch lange nicht: „Laura legt einfach eine Konstanz an den Tag und sie ist einfach die perfekte Biathletin unserer Zeit.“Die vier Jahre jüngere Garmischerin sei immerhin „scharf darauf, mit mir im Training ein paar Sprints zu machen“. Beide zeichnet eine enorme Stärke in der Loipe aus, am Schießstand hat die abgekochte Dahlmeier die Nase vorn. Vor Denise Herrmann hat schon Kati Wilhelm bewiesen, dass der kurze Weg vom Langlauf zum Biathlon lohnend sein kann. Das Schießen habe sie immer schon gereizt, hatte die Skijägerin früher ihre Umschulung begründet. Fakt ist allerdings auch, dass der Biathlon-Sport in Deutschland viel mehr Fans und damit auch Sponsoren anzieht als das Langlaufen. Sprich: Für die Athleten ist mehr Geld zu verdienen. Ein Sieg bringt allerdings auch mehr Rummel. Nach dem erfolgreichen Weltcup-Wochenende sehnte sich Denise Herrmann, die im Erzgebirge aufgewachsen ist, wieder nach Ruhe. Sie freue sich auf ihre Schwester Nadine, selbst Langläuferin, und auf ihre Katze Luna. Als nächstes Ziel peilt die 28-Jährige die Olympischen Spiele im Februar in Pyeonchang an. Das wird schwer genug, denn nur vier Deutsche dürfen pro Rennen an den Start. Bereits ab Freitag wird es in Hochfilzen spannend. Dann misst sich Herrmann beim Weltcup mit Laura Dahlmeier. Milan Sako