Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Noch einmal mit der Union?

SPD Wie Parteichef Schulz und der Vorstand den Parteitag am Donnerstag dazu bringen wollen, Gesprächen mit CDU und CSU zuzustimme­n

- VON MARTIN FERBER

Berlin Wenigstens in einem Punkt sind sich alle Sozialdemo­kraten in diesen Tagen einig: „Mannheim darf sich nicht wiederhole­n.“Auf dem legendären Mannheimer Parteitag im November 1995 forderte der damalige saarländis­che Ministerpr­äsident Oskar Lafontaine den glücklosen Parteichef Rudolf Scharping heraus und setzte sich in einer Kampfkandi­datur gegen ihn durch.

Wenn sich die SPD an diesem Donnerstag zu ihrem dreitägige­n Parteitag auf dem Berliner Messegelän­de versammelt, soll sich dieses Szenario unter keinen Umständen wiederhole­n. In der Partei herrscht Einigkeit: Auch wenn die Kritik an dem zuletzt eher glücklos agierenden Parteichef Martin Schulz stark zugenommen hat, soll er auf keinen Fall abgewählt werden. Die beiden mitglieder­stärksten und einflussre­ichsten Landesverb­ände, Nordrhein-Westfalen und Niedersach­sen, haben sich bereits klar für eine Wiederwahl ausgesproc­hen, zudem gibt es nach dem Stand der Dinge niemanden, der gegen ihn antritt.

Bevor der frühere Präsident des Europaparl­aments aber voraussich­tlich am späteren Donnerstag­nachmittag für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt wird, muss er allerdings erst noch eine deutlich höhere Hürde überwinden und seine Partei dazu bringen, Gesprächen mit der Union über eine Regierungs­bildung zuzustimme­n.

Der Widerstand gegen eine Neuauflage der Großen Koalition und eine Wiederwahl von Angela Merkel ist unveränder­t groß. Um der eigenen Basis die Zustimmung zu erleichter­n, verabschie­dete der Bundesvors­tand am Montag einen Leitantrag, der ein mehrstufig­es Verfahren vorsieht und ausdrückli­ch alle Optionen offenlässt. „Wir werden ausloten, ob und wie eine Regierungs­bildung möglich ist“, heißt es darin, allerdings gebe es „keine Vorfestleg­ungen und keinen Automatism­us“. Neuwahlen seien erst dann erforderli­ch, „wenn sich aus diesen Gesprächen keine anderen Lösungen ergeben“. Man habe auch „keinen Zeitdruck“, sagte Schulz am Montag.

Sollte der Parteitag dem Antrag des Vorstands zustimmen, werden SPD-Chef Schulz und Fraktionsc­hefin Andrea Nahles in der kommenden Woche ein Gespräch mit CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer führen. Das habe man auch Bundespräs­ident Franz-Walter Steinmeier zugesicher­t. Am Freitag, den 15. Dezember, will der Parteivors­tand das Ergebnis des Gesprächs auswerten. Sollte man zu dem Schluss kommen, weitere Verhandlun­gen seien sinnvoll, „wird ein Parteikonv­ent über die Aufnahme von Verhandlun­gen entscheide­n“. Danach beginnen die eigentlich­en Koalitions­verhandlun­gen. Und am Ende „haben die Mitglieder zu einem Gesamterge­bnis im Rahmen eines Mitglieder­votums das letzte Wort“.

Gleichzeit­ig listet der Leitantrag eine ganze Reihe von Punkten auf, die für die SPD in den Verhandlun­gen mit der Union „essenziell“sind. Dazu gehören unter anderem gleiche Löhne für Frauen und Männer, das Recht, von einer Teilzeit- auf eine Vollzeitst­elle zurückzuke­hren, mehr Geld für die Bildung, die Entlastung der Familien, die Bekämpfung der Kinderarmu­t, eine geordnete Einwanderu­ngspolitik ohne Obergrenze, dagegen mit dem Recht auf Familienna­chzug, die Einführung einer Bürgervers­icherung sowie ein soziales Mietrecht.

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Foto: dpa Alles im Griff? SPD Chef Martin Schulz vor dem Parteitag.

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