Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Noch mehr verdächtige Päckchen
Ermittlungen Nach der Paketbombe von Potsdam sucht die Polizei den DHL-Erpresser. Mitten im Weihnachtsgeschäft fordert er eine Millionensumme. Was bislang über ihn bekannt ist
Potsdam Etwa sieben Millionen Pakete werden im Weihnachtsgeschäft täglich durch die Post-Tochter DHL zugestellt. „Es ist nahezu unmöglich, alle zu kontrollieren“, sagte Sprecher Dirk Klasen am Montag. Und dass die rund 60 000 Paketzusteller die Erpressung, über die gerade ganz Deutschland spreche, ständig im Hinterkopf hätten.
Sprengstoffexperten der Bundespolizei hatten am Freitag ein Paket unschädlich gemacht, das in einer Apotheke mitten in der Potsdamer Innenstadt abgegeben worden war. Darin befanden sich eine Blechbüchse mit Nägeln, Batterien sowie Drähte und ein verdächtiges Pulver. Den Ermittlern zufolge hätte es explodieren können. Was anfangs wie ein vereitelter Terroranschlag auf den Potsdamer Weihnachtsmarkt aussah, entpuppte sich schnell als Erpressung in Millionenhöhe gegen den Paketdienst DHL. Konkrete auf weitere Paketbomben gebe es derzeit nicht, hieß es.
Dafür jede Menge Aufregung und Fehlalarme. In der Bußgeldstelle der Polizei in Gransee bei Berlin sollte wegen eines Pakets das Gebäude geräumt werden – dann stellte sich heraus, dass nur ein Christstollen in ihm war. Auch in Thüringens Staatskanzlei wurde Bombenalarm ausgelöst. Doch statt einer Wurfgranate enthielt das Paket ohne Absender Kataloge. Und in Pritzwalk in Brandenburg rückte die Polizei für ein Paket aus, in dem sich eine Tube mit Gel befand.
Polizei und Brandenburgs SPDInnenminister Karl-Heinz Schröter hatten die Bevölkerung gebeten, beim Empfang von verdächtigen Paketen vorsichtig zu sein. Im Zweifel solle auf jeden Fall die Polizei informiert werden. Denn dass weitere Paketbomben auftauchen könnten, liegt nahe. Bereits Anfang November ging ein ähnlicher Sprengsatz bei einem Online-Versandhändler in Frankfurt an der Oder in Flammen auf.
Eine Sonderkommission der Potsdamer Polizei, die zunächst wegen der möglichen Terrorlage gebildet worden war, wurde inzwischen aufgestockt auf mehr als 50 Mitarbeiter. Die Polizei geht davon aus, dass der oder die Täter aus dem Raum Berlin oder Brandenburg stammen. Denn beide bisherigen Paketbomben wurden in dieser Region aufgegeben.
Innenminister Schröter fühlte sich an Kaufhaus-Erpresser „Dagobert“erinnert. Zumindest die Art, wie der Erpresserbrief geschrieben wurde, könnte auf einen TechnikHinweise Fan hinweisen: Per QR-Code – das ist ein zweidimensionaler Barcode, mit dem Informationen versendet werden können – wurde der Text verschlüsselt. Das sollte die Identifizierung des Autors erschweren. Allerdings: Hätte der Täter nicht damit rechnen müssen, dass sein Brief bei der Explosion der Bombe, wie in Frankfurt an der Oder, auch in Potsdam verbrennt? Und dann ließ noch eine Beschreibung der Polizei aufhorchen, mit der verdächtige Pakete erkannt werden könnten – darunter „auffällige Rechtschreibfehler“.
Neben der Gefahren für Gesundheit und Leben geht es bei dieser Erpressung auch um mögliche hohe wirtschaftliche Schäden. Sollte es, etwa nach weiteren Anschlägen, zu einer allgemeinen Verunsicherung kommen, sei dies schlecht für die ganze Branche, erklärte Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbands Onlinehandel.
Hat der Täter eine Rechtschreibschwäche?