Augsburger Allgemeine (Land Nord)
FCA: Hinter der Überraschung steckt System
Bundesliga Statt gegen den Abstieg spielt der FC Augsburg aktuell um eine Teilnahme am Europapokal. Für diesen Aufschwung gibt es Gründe. Aber es gibt auch eine schlechte Nachricht
Augsburg Wenn der FC Augsburg in der laufenden Bundesligasaison auf andere Klubs trifft, erweist er sich als unangenehmer Widerpart. Das endet oft in Augsburger Siegen und führt letztlich dazu, dass sich der FCA nach 14 Spieltagen überraschend weit oben in der Tabelle einsortiert. Punktgleich mit Borussia Dortmund steht er auf Platz sieben. Statt gegen den Abstieg zu kämpfen, beharkt er sich mit anderen Klubs um einen Startplatz im Europapokal. Fünf Gründe für den derzeitigen Aufschwung:
Trainer
Aus seinem ersten halben Jahr als FCA-Trainer ist Manuel Baum gestärkt hervorgegangen. Der 38-Jährige stand unter gehörigem Druck und kurz vor der Ablösung, behielt aber seinen Job und erreichte das Minimalziel Klassenerhalt. Wichtige Erfahrungen für einen Trainerneuling in der Bundesliga. Äußerlich bewahrt der zweifache Familienvater stets Ruhe. Ob seine Mannschaft nun 5:0 gewinnt oder 0:5 verliert – Baum analysiert das Geschehene nüchtern und arbeitet akribisch weiter. Der Realschullehrer hat etwas Elementares geschafft: Seine Spieler vertrauen ihm und sind überzeugt, dass sie Erfolg haben, solange sie Baums Vorgaben umsetzen. Über seine Fachkompetenz strahlt Baum natürliche Autorität aus, zudem kommt sein kommunikativer Stil gut an.
Taktik
Prinzipiell ist die Taktik des FC Augsburg leicht zu durchschauen. Könnte man zumindest meinen. Die Mannschaft des FCA formiert sich kompakt auf dem Rasen, verengt durch Verschieben die Räume und zwingt den Gegner so zu Ballverlusten. Baum betitelt das wiederholend als „eklig verteidigen“. Die Umschaltmomente nutzt seine Mannschaft zu schnellen Gegenangriffen. Dieser Spielidee folgen in der Bundesliga etliche Vereine, die FCASpieler haben sie verinnerlicht. Andere Klubs schaffen es seltener, ihren Plan derart konstant über die gesamte Spielzeit durchzuziehen: weil Spieler mit taktischen Zwängen weniger gut zurechtkommen oder sie nicht in der guten körperlichen Verfassung sind, die dieses laufintensive System erfordert.
Transferpolitik
In der vergangenen Spielzeit lagen die FCA-Verantwortlichen mit ihren Neuzugängen häufiger daneben. Vor der laufenden Runde haben Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter und der Technische Direktor Stephan Schwarz daher ihre Personalpolitik verändert. Frühzeitig verstärkten sie sich, statt abzuwarten, welche Spieler während der Transferphase noch auf den Markt kommen. Mit Rani Khedira, Marcel Heller und Michael Gregoritsch haben drei Zugänge einen Stammplatz inne. Sturmtalent Sergio Córdova hat angedeutet, wie wertvoll er sein kann, ehe ihn eine Verletzung stoppte. Heller war zwar zuletzt aus der ersten Elf gerutscht, wird nun aber wohl wieder dorthin zurückkehren. Der Grund ist eine schlechte Nachricht für den FCA: Erik Thommy, 23, hat sich in Mainz das Syndesmoseband am oberen Sprunggelenk gerissen. Der Offensivspieler fällt mehrere Wochen aus und wird wohl auch die ersten Partien im kommenden Jahr verpassen.
Topscorer
Dass Fußball ein Mannschaftssport ist, diese Erkenntnis ist nicht neu. Dennoch hängt der Erfolg auf dem Platz von jedem Einzelnen ab. Das Selbstbewusstsein der FCA-Profis wächst mit jedem Erfolg, selbst Rückstände oder Niederlagen werfen sie derzeit nicht aus der Bahn. Kurz: Sie glauben an sich. Drei FCA-Spieler haben derzeit einen „Lauf“: Alfred Finnbogason (acht Tore), Michael Gregoritsch (sieben) und Philipp Max (sieben Vorlagen) zählen zu den besten Scorern der Liga. Der FCA strahlt Torgefahr aus und agiert effektiv. Ein gewaltiger Unterschied zur vergangenen Spielzeit.
Teamgedanke
Trotz über 30 Profis im Kader halten sich Unzufriedene bisher mit öffentlicher Kritik zurück. Baum versucht, möglichst alle am Erfolg teilhaben zu lassen. Ergänzungsspieler lobt er etwa dafür, dass sie das Trainingsniveau hochhalten. Der Teamgedanke ist in Augsburg seit jeher ausgeprägt, der Klassenerhalt in der vergangenen Saison beruhte letztlich darauf. Nach den Abgängen der altgedienten Halil Altintop und Paul Verhaegh hat sich eine neue Hierarchie gebildet. Der Zusammenhalt in der verjüngten Mannschaft ist vielleicht sogar noch größer.