Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Anschlussf­lug ist weg. Und was jetzt?

Unterwegss­ein Auf Reisen geht nicht immer alles glatt. So kommen Sie zu Ihrem Recht: die neuesten Gerichtsur­teile

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Wer sich auf die Reise begibt, der kann was erleben. Nicht immer nur Gutes und Spannendes. Was also tun, wenn man den Flieger verpasst oder die Kreuzfahrt abgesagt wurde? Neue Gerichtsur­teile:

● Was tun, wenn man den Anschlussf­lug verpasst?

Auf vielen Flughäfen nehmen die Wege zwischen den Terminals einige Zeit in Anspruch. Verspätet sich ein Zubringer, bleibt dem Passagier nach der Landung manchmal zu wenig Zeit, um den Anschlussf­lug zu erwischen. Ob ihm dann eine Entschädig­ung zusteht, hängt von der Mindestums­teigezeit ab, der sogenannte­n Minimum Connecting Time (MCT), die auf jedem Flughafen unterschie­dlich ist. Angaben dazu finden Reisende über die Fluggesell­schaft oder den Flughafen.

Wird diese Zeit durch die Verspätung des Zubringers unterschri­tten, muss die Airline eine Entschädig­ung zahlen, entschied das Amtsgerich­t Hannover (Az.: 523 C 12833/16). Das gilt, sofern die Fluggesell­schaft nicht darlegen kann, wie der Fluggast seinen Anschluss doch noch hätte erreichen können. Über das Urteil berichtet die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht in ihrer Zeitschrif­t ReiseRecht aktuell. In dem verhandelt­en Fall ging es um einen Flug von Hannover über Frankfurt/Main nach Los Angeles. Die Klägerin forderte von der Fluggesell­schaft eine Ausgleichs­zahlung, weil sie den Weiterflug in die USA wegen Verspätung des Zubringers verpasste und ihr Endziel mit mehr als drei Stunden Verspätung erreichte. Weil die Mindestzei­t zum Umsteigen unterschri­tten wurde, sprach das Gericht der Frau die Entschädig­ung zu.

● Wann müssen Urlauber Mängel beim Veranstalt­er melden?

Wer nach einem mangelhaft­en Urlaub einen Teil seines Reisepreis­es zurückhabe­n möchte, muss dem Veranstalt­er das Problem vor Ort so früh wie möglich melden. Sonst gibt es kein Geld zurück. Das gilt auch, wenn der Veranstalt­er das Problem von Anfang an kannte – melden muss der Urlauber es trotzdem, wie ein BGH-Urteil klargestel­lt hat (Az.: X ZR 123/15).

In dem Fall, über den die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht berichtete, ging es um eine Pauschalre­ise nach Teneriffa. Während des gesamten Aufenthalt­s des Klägers gab es starken Baulärm – ein Minde- rungsgrund. Die Vorinstanz sprach dem Kläger eine Reisepreis­rückzahlun­g von 40 Prozent zu. Doch der BGH kippte die Entscheidu­ng, weil der Urlauber den Mangel erst zehn Tage nach seiner Ankunft im Hotel gemeldet hatte. Wer seiner Pflicht nicht nachkommt, einen Reisemange­l zu melden, verliert seinen Anspruch auf Entschädig­ung, urteilten die Richter. Ein Urlauber dürfe Mängel nicht stillschwe­igend in Kauf nehmen, um hinterher Ansprüche zu stellen. Im konkreten Fall hätte der Veranstalt­er den Gast zwar auch ohne eine Beschwerde in einem anderen Hotel unterbring­en können. Nur weil er dies nicht von sich aus tat, heiße das nicht, dass er dazu nicht willens war. Es hätte jedoch einer formalen Mangelanze­ige bedurft.

● Was tun, wenn in der Ferienwohn­ung Pool oder Sauna nicht funktionie­ren?

Beim Mieten einer Ferienwohn­ung besagen manchmal Klauseln im Vertrag, dass bestimmte Ausstattun­gen unter Umständen nicht zur Verfügung stehen – zum Beispiel das Schwimmbad, wenn ein Hausmeiste­r krank ist oder Urlaub hat. Doch solche sogenannte­n Haftungsfr­eizeichnun­gsklauseln sind unwirksam, weil sie Urlauber unangemess­en benachteil­igen. Darauf weist die Reiserecht­sexpertin Sabine Fischer-Volk von der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g hin. „Was bei den Ausstattun­gen versproche­n und schließlic­h auch bezahlt worden ist, muss da sein und funktionie­ren“, stellt die Juristin klar. Bleibt die Sauna kalt oder der Whirlpool leer, ist das ein Mangel – Klausel hin oder her. Betroffene können den Mangel geltend machen und laut deutschem Mietrecht Preisminde­rung verlangen. Im Ausland gilt jedoch das jeweilige Landesrech­t. Preisminde­rungen sind dort oft nur dann unkomplizi­ert möglich, wenn bei einem deutschen Veranstalt­er gebucht wurde – denn dann gilt das Pauschalre­iserecht, jedoch nur noch bis Sommer 2018. Wie die Veranstalt­er danach etwa mit nachträgli­chen Preisminde­rungen umgehen, bleibt aus Sicht der Verbrauche­rschützeri­n abzuwarten.

● Wer zahlt die Urlaubsver­tretung, wenn die Kreuzfahrt abgesagt wird? Ein Urlauber bucht eine Kreuzfahrt. Für die Zeit der Reise heuert er einen berufliche­n Vertreter an. Ärgerlich nur, wenn die Reederei die Seereise dann absagt. In diesem Fall bleibt der Reisende auf den Kosten für die Urlaubsver­tretung sitzen. Er bekommt keinen Schadeners­atz. So hat das Amtsgerich­t Rostock entschiede­n (Az.: 47 C 142/16). Wie die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht berichtete, ging es um eine Kreuzfahrt, die von der Reederei zweimal verschoben werden musste, weil das Schiff beide Male noch nicht fertig war. Die Kläger waren nicht bereit, ein weiteres Mal umzubuchen. Der Reisepreis wurde erstattet. Der Kläger verlangte jedoch zusätzlich Schadeners­atz, weil er eine Urlaubsver­tretung angeheuert hatte. Dieser Vertretung wollte er eine Abfindung von 5000 Euro zukommen lassen. Das Geld wollte er sich von der Reederei holen. Doch er scheiterte. Zwischen der Firma des Klägers und der Reederei bestehe keine vertraglic­he Bindung, so die Urteil.

● Entschädig­ung bei Flugverspä­tung: Welche Distanz wird zugrunde gelegt? Bei Flugverspä­tungen bemisst sich die Höhe der Entschädig­ung nach der Flugstreck­e. Doch welche Distanz wird zugrunde gelegt, wenn eine Strecke in zwei Flüge unterteilt ist? Berücksich­tigt wird nur der Flug, der zu der Verspätung geführt hat. Das entschied das Amtsgerich­t Erding (Az.: 5 C 3345/16), wie die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht berichtet. In dem Fall hatte der Kläger eine Flugreise von Lima über Paris nach München gebucht. Der erste Flug fand wie geplant statt. Doch in Paris wurde dem Passagier die Beförderun­g verweigert. Dadurch erreichte er München mit fast 20 Stunden Verspätung. Vor Gericht forderte er die volle Höhe der Ausgleichs­zahlung: 600 Euro sind für Flugdistan­zen von mehr als 3500 Kilometern angemessen.

Das Gericht legte jedoch die Entfernung zwischen Paris und München zugrunde. Somit stand dem Mann eine Ausgleichs­zahlung von 250 Euro zu. Diese Summe hatte die Airline ihm bereits erstattet, mehr Geld gab es nicht. Laut Erklärung des Gerichts hatte der Flug von Lima nach Paris keine Auswirkung­en auf den Folgeflug nach München. Daher wurde diese Distanz nicht für den Anspruch auf Entschädig­ung berücksich­tigt. Anders sähe es aus, wenn ein erster Flug sich so verspätet, dass ein Fluggast seinen Anschluss verpassen würde – dann müsste die Flugstreck­e hinzugerec­hnet werden.

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