Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ist Hauswirtsc­haft out?

Ernährung Der Bayerische Bauernverb­and kritisiert das mangelnde Interesse von jungen Menschen an der Hauswirtsc­haft. Dabei könnte der Bedarf an Ernährungs­experten steigen

- VON PHILIPP KINNE

Augsburg Tiefkühlpi­zza, Döner oder Burger – wer satt werden möchte, muss heute nicht mehr kochen. Mit gesunder Ernährung hat dieses Menü aber nichts zu tun. Dabei sehe der Speiseplan einiger Schüler genau so aus, meint Maria Drohner-Liepert. Sie ist die zentrale Fachberate­rin für das Schulfach Haushalt und Ernährung an den bayerische­n Realschule­n und sagt: „Bei vielen Schülern fehlen die Basics für gesunde Ernährung.“

Dieser Ansicht ist auch der Bayerische Bauernverb­and (BBV). Landesbäue­rin Anneliese Göller vom BBV spricht von „sinkendem Interesse der Jugend“an hauswirtsc­haftlichen Berufen. Den Jugendlich­en fehlen ihrer Meinung nach häufig hauswirtsc­haftliche Kenntnisse, weil diese durch die eigenen Eltern und in der Schule kaum noch vermittelt werden. Dabei sei der Bedarf an hauswirtsc­haftlichen Fachkräfte­n in den vergangene­n Jahren gestiegen. Als Beispiel nennt der BBV die steigende Zahl von jungen Menschen, die in der Schule zu Mittag essen. Bayernweit sind das rund 250 000 Kinder. Doch es fehle an Fachkräfte­n, die das Mittagesse­n zubereiten, erklärt der Verband. Auch in anderen Bereichen sei der Bedarf groß. So führe der demografis­che Wandel zu einem wachsenden Anteil älterer Menschen, die verstärkt hauswirtsc­haftliche Dienstleis­tungen in Anspruch nehmen werden. „Diesen Entwicklun­gen und den steigenden Anforderun­gen des Arbeitsmar­kts wird die Ausbildung nicht gerecht“, sagt Anneliese Göller.

Von den jährlich rund 40000 Realschula­bsolventen entscheide­t sich nur ein kleiner Teil für den hauswirtsc­haftlichen Schulzweig. Etwa 1600 Realschüle­r nehmen jährlich an den Abschlussp­rüfungen im Schulfach Haushalt und Ernährung teil. Diese Zahl sei seit Jahren gleichblei­bend, erklärt Maria Drohner-Liepert. Und zumindest diese Schüler seien auch gut auf den hauswirtsc­haftlichen Arbeitsmar­kt vorbereite­t. Den Vorwurf, an den Schulen werde sich zu wenig mit dem Thema Ernährung beschäftig­t, weist sie für die Realschule­n zurück. Denn anders als Gymnasien bieten viele Realschule­n einen hauswirtsc­haftlichen Zweig ab der 7. Klasse an, den die Schüler wählen können. In der 6. Realschulk­lasse ist das Fach Haushalt und Ernährung im Stundenpla­n verpflicht­end. „Außerdem gibt es an allen Realschule­n eine Themenwoch­e zu Ernährung und Gesundheit“, sagt DrohnerLie­pert. Dennoch ist die Lehrerin dem Bauernverb­and dankbar dafür, dass er das Thema Ernährung und Gesundheit bei Schülern immer wieder in den Fokus rückt. Denn dabei gehe es nicht nur um ein einzelnes Schulfach, sondern um fächerüber­greifende Zusammenar­beit. Auch in Biologie, Chemie oder Sport sollten Ernährung und Fitness eine Rolle spielen, meint DrohnerLie­pert. „Am wichtigste­n ist aber, dass auch Eltern mit ihren Kindern darüber sprechen“, sagt sie. Denn: „Die Grundfähig­keiten für gesundes Kochen fehlen heute immer mehr.“Und das liege vor allem daran, dass in vielen Haushalten heute nicht mehr zusammen gekocht werde: „Dass Sahne nicht nur aus der Sprühflasc­he kommt, ist heute nicht mehr für jeden selbstvers­tändlich.“

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Foto: Carmen Jaspersen, dpa Vielen Kindern und Jugendlich­en fehlt es an Grundkennt­nissen in der Küche.

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