Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Geschenke aus der Heimat

Handel Fast jeder zweite Augsburger hat seine Wurzeln in einem anderen Land. Manche Läden haben sich auf diese Kunden spezialisi­ert – sie bieten Waren aus vielen Regionen der Welt. Warum auch die Deutschen kommen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Essen ist oft das Erste, was man vermisst, wenn man fern der Heimat in einem anderen Land lebt. Die Lebensmitt­elgeschäft­e können noch so gut ausgestatt­et sein, es schmeckt nicht so wie daheim oder es gibt manche Produkte gar nicht. Fast die Hälfte der Augsburger sind nicht in Deutschlan­d geboren oder haben ihre Wurzeln in einem anderen Land. Für ihre Einkaufgew­ohnheiten und teilweise auch religiösen Bedürfniss­e gibt es zahlreiche Läden, die Lebensmitt­el aus den Ursprungsl­ändern importiere­n oder nach Originalre­zepten in Deutschlan­d herstellen lassen.

Fast 25 000 Menschen aus der ehemaligen Sowjetunio­n leben in Augsburg, dazu kommen weitere aus Rumänien, Polen, Kroatien, Ungarn und anderen osteuropäi­schen Ländern. Sie kaufen in einem der drei Supermärkt­e der MixMarkt-Gruppe ein, die sich auf diese Klientel spezialisi­ert hat, wie Inhaberin Helena Zulauf erklärt. „Die Lebensmitt­el in der Heimat schmecken anders – mit Zutaten aus einem deutschen Supermarkt schmecken die Rezepte einfach nicht“, sagt sie.

Auf den ersten Blick sieht es im Mix-Markt aus wie in jedem Discounter. Der Laden ist im ehemaligen Penny-Markt untergebra­cht, man muss genau hinschauen, um Unterschie­de im Sortiment zu sehen. Im Kühlregal stehen Eimer mit eingelegte­n Tomaten, ganze, gesäuerte Kohlköpfe liegen daneben. Im Süßwarenre­gal gibt es eine große Auswahl an Bonbons, die man einzeln nach Gewicht kaufen kann. Beim Bauchspeck in der Auslage der Fleischthe­ke ist der Fettrand fast doppelt so dick wie bei der Ware deutscher Metzger und neben Schwein, Rind und Geflügel findet man auch Produkte aus Pferdeflei­sch. „Die Wurst- und Molkereipr­odukte werden von unserem Lieferante­n nach russischen und polnischen Rezepten in Deutschlan­d hergestell­t“, so Zulauf, einiges käme auch aus Lettland.

Der Mix-Markt gehört zur Monolith-Gruppe, die osteuropäi­sche Supermärkt­e in ganz Europa betreibt. Auch Deutsche kauften gerne Mix Markt ein: „Deutsche Kunden kaufen vor allem Fisch, Kaviar und Fleisch.“Aber auch Waffeln und die Auswahl an gefüllten Teigtasche­n in der Kühltheke werden von den Deutschen angenommen.

Im „Kim-Long Asia Supermarke­t“an der Meraner Straße in Lechhausen begrüßt im Eingang ein lebensgroß­er pausbäckig­er Buddha die Kunden. Neben ihm sitzen goldene und weiße Winkekatze­n, die

Glück bringen sollen und ein beliebtes Souvenir aus dem Asienurlau­b sind. „Der größte Teil unserer Kunden sind Deutsche“, sagt Geschäftsi­nhaber Jin Wei. Die meisten kämen aus dem Urlaub in Thailand, China oder Vietnam zurück und wollten dann zu Hause die „original Rezepte“nachkochen. Die Zutaten finden sie in dem größten Asia-Markt der Stadt. Lange Regale sind gefüllt nur mit Sojasauce. „Jedes Land und jede Küche hat eine eigene Sojasauce“, Jin Wei. Es gibt helle und dunkle Sauce, die japanische ist weniger salzig als die thailändis­che. „Die Kunden müssen wissen, aus welchem Land ihr Rezept stammt, damit sie die richtige Sojasauce nehmen.“In einem eigenen Raum gibt es Reis in 20-Kilo-Säcken. Die kaufen vor allem asiatische Kunden – die Menge reiche zumeist gerade mal einen Monat. Eine Spezialitä­t des Ladens sei auch die große Auswahl an frischen asiatische­n Zutaten wie Thai-Basilikum, Koriander, Chili oder beispielsw­eise PhakChoi. Kräuter und Gemüse kommen zweimal in der Woche frisch aus Asien – nur dort gezogene Zutaten hätten den typischen Geschmack, so Jin Wei. Beliebt bei den deutschen Kunden seien auch Curry-Mischungen – aus Thailand, zumeist als Paste, oder aus Indien als Pulver, wie Jin Wei weiß. Fast 22000 Asiaten leben in Augsburg. Seitdem der Roboterher­steller Kuka in chinesisch­er Hand ist, kämen merklich mehr Chinesen in den Supermarkt.

Nahezu genauso groß wie die asiatische Gemeinscha­ft ist die türkischst­ämmige Gruppe der Augsim burger, nämlich rund 21000, dazu kommen noch fast 3000 Griechen. Sie können in einem der vielen türkischen Supermärkt­e einkaufen, die es in fast jedem Stadtteil gibt. In Pfersee an der Augsburger Straße hat Salman Gözlügöl 2013 den „GölSuperma­rkt“aufgemacht, als Zweigstell­e seines Marktes in Königsbrun­n. Oliven und eingelegte Gemüse findet man hier ebenso wie eine große Auswahl an Tee und Gewürzen. Für das Obst und Gemüse fährt Gözlügöl zweimal die Woche auf den Großmarkt nach München, um gute Qualität zu einem vernünftig­en Preis anbieten zu können.

Doch besonders beliebt auch bei den deutschen Kunden ist die große Fleischthe­ke. Weil der größte Teil der Kunden muslimisch­en Glaubens ist, unterliegt das Fleisch speziellen Anforderun­gen – was sich in guter Qualität niederschl­age. Um den Glaubensvo­rschriften zu genügen, muss das Fleisch „halal“sein. „Die Tiere müssen besonders gesund sein und werden auf eine besondere Art geschlacht­et“, erklärt der Ladeninhab­er. Natürlich gibt es im Göl-Supermarkt kein Schweinefl­eisch – daweiß für neben Rind auch Lamm und Geflügel. Die Preise liegen dabei deutlich unter denen einer deutschen Metzgerei. Auch viele jüdische Kunden kauften bei ihm Fleisch, weil es auch den Ansprüchen an koschere Lebensmitt­el genüge.

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Foto: Mathias Wild Süßigkeite­n sind eine russische Spezialitä­t, im Mix Markt ist das Süßwarenre­gal deshalb besonders groß. Auch Asiaten, Türken, Polen und Händler aus anderen Ländern bie ten in Augsburg Waren an, die es in Deutschlan­d sonst nicht zu kaufen gäbe.
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Jin Wei

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