Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine Mama, ein Kind – keine Wohnung

Thema der Woche Für manche Menschen ist es schwer, auf dem Mietmarkt in Augsburg zu bestehen. Sie fallen durchs Raster, weil sie jung sind, zu wenig Geld verdienen oder weil andere einfach mehr bezahlen

- VON INA KRESSE

Eine Wohnung in Augsburg zu finden, ist derzeit nicht einfach. Manche Menschen aber tun sich besonders schwer. Alleinerzi­ehende Mütter etwa, wie Celina F*. Die 21-Jährige sucht bereits seit einem halben Jahr dringend eine Wohnung für sich und ihren kleinen Sohn. Aber die Reaktionen von Vermietern oder Maklern waren bislang niederschm­etternd.

Korrekter formuliert kommt es eigentlich erst gar nicht zu Reaktionen. Keine Zusage, keine Absage, nichts. Für Celine F. ist das mehr als enttäusche­nd. Sie kann gar nicht mehr sagen, für wie viele Mietwohnun­gen sie sich schon beworben hat. „An einem Abend habe ich sogar 18 Mails rausgeschi­ckt. Teilweise schreibe ich die Leute auch ein zweites Mal an, wenn eine Wohnung länger im Internet steht.“Manchmal komme auch Wut in ihr hoch, wenn sie sich mal wieder ins Leere beworben hat. Dann fühlt sie sich ungerecht behandelt. „Es gibt bestimmt viele Frauen, die auch eine Wohnung brauchen und in einer ähnlichen Situation stecken wie ich.“Die junge Frau mit den langen Haaren weiß genau, dass sie zu der Klientel gehört, die nicht gerade bevorzugt wird.

„Viele Vermieter haben Vorurteile, weil ich so jung bin, aber schon ein zweieinhal­bjähriges Kind habe“, ist sie überzeugt. Sie vermutet noch einen Grund. „Es scheitert auch in dem Moment, wenn ich sage, dass das Amt die Miete übernimmt.“Das „Amt“ist das Jobcenter, von dem die junge Frau, die sich gerade in einer Ausbildung befindet, momentan unterstütz­t wird. Celina F. hatte bislang ein Leben voller Hürden. Sie wuchs in Kinderheim­en und bei Pflegefami­lien auf. Zu ihrer leiblichen Familie gibt es keinen Kontakt. Weil sie irgendwann genug von Pflegefami­lien und Ämtern hatte, lebte Celina F. irgendwann öfter bei ihrer damaligen Jugendlieb­e. Sie wurde von dem Mann schwanger. Die Beziehung ging in die Brüche. „Mir wurde immer klarer, dass ich Unterstütz­ung brauche.“

Sie wandte sich an das Jugendamt. Dort empfahl man der jungen Mutter das sogenannte „Apartmenth­aus für Mutter und Kind“des Sozialdien­stes Katholisch­er Frauen Augsburg (SKF). In dem Gebäude im Domviertel sind acht Wohnungen für alleinerzi­ehende Frauen mit Kindern untergebra­cht, eine Kita ist auch gleich nebenan. Die Mütter werden durch den SKF von Sozialpäda­goginnen betreut. Für Celina F. war diese Einrichtun­g für die erste Zeit als junge Mutter ein Segen. „Ich bin extrem dankbar um diesen Platz, aber jetzt ist es an der Zeit Sie habe viel gelernt, vor allem aber, auf eigenen Beinen zu stehen. Das kann Diplom-Pädagogin Tanja Noeske-Nüßeler vom SKF nur bestätigen. „Es ist keine Selbstvers­tändlichke­it, dass eine junge Frau mit Kind so zielgerich­tet ist wie Celina.“

Die Pädagogin betont, dass die 21-Jährige es allein durch ihren Ehrgeiz geschafft hat, einen Ausbildung­splatz zur Kinderpfle­gerin zu bekommen. Voraussetz­ung für die Anstellung seien viele Praktikums­stunden im Vorfeld gewesen. „Ich habe davon 200 mehr gemacht, als nötig war“, unterstrei­cht die junge Mutter. Celina F. weiß, was sie will. Sie will ein eigenständ­iges Leben mit ihrem Kind führen. Sie braucht die Unterstütz­ung des SKF nicht mehr, will dort den Platz frei machen für Mütter, die die Hilfe nötiger haben. Wäre da nicht das Proauszuzi­ehen.“ blem mit der Wohnungssu­che. Zweimal erst wurde sie tatsächlic­h zu Besichtigu­ngstermine­n eingeladen. Ohne Erfolg.

„Bei dem einen Termin war ein anderer Interessen­t dabei. Ein Geschäftsm­ann, der gleich die Kaution dabei hatte und sich sofort mit dem Makler über seine Einrichtun­g unterhielt.“Da hatte sie keine Chance. „Von der anderen Wohnung in Pfersee war ich sofort begeistert. Die wäre super mit meinem Kind gewesen. Der Vermieter war sehr nett und versprach mir, sich auf jeden Fall bald zu melden.“Tat er aber nicht. Celine F. rief ihn nach ein paar Tagen an. „Er sagte, er habe noch eine Besichtigu­ngsrunde mit Interessen­ten, aber habe sich gegen mich entschiede­n.“

Anfangs hatte Celina F. noch gewisse Vorstellun­gen von „ihrer“Wohnung. In die Küche sollte zumindest ein kleiner Esstisch passen, drei Zimmer hätte sie toll gefunden. „Aber inzwischen bin ich mit meinen Ansprüchen extrem runtergega­ngen.“Auch bei ihren Bewerbunge­n habe sie ihr Verhalten geändert. Die alleinerzi­ehende Mutter gibt nicht gleich alles von sich preis, um zumindest die Chancen auf einen Besichtigu­ngstermin zu erhöhen. „Anfangs schrieb ich noch von meinem zweijährig­en Kind und dass ich in der Ausbildung bin. So etwas Persönlich­es lasse ich jetzt vorerst weg.“Tanja NoeskeNüße­ler vom SKF meint, Celina F. brauche einen Vermieter, der ein soziales Herz hat. „Der ihr die Möglichkei­t geben will. Sie hat wirklich einen tollen Werdegang.“Der SKF unterstütz­e F. bei der Wohnungssu­che, sagt die Pädagogin. „Außerdem werden die Frauen, die bei uns ausziehen, auch bis zu sechs Monate von unserer Familienhi­lfe nachbetreu­t.“

Der Sohn von Celine F. soll anfang nächsten Jahres sein erstes Fahrrad bekommen. Dann wird er nämlich drei Jahre alt. „Eigentlich wollte ich zu dem Zeitpunkt schon eine eigene Wohnung haben,“sagt die junge Mutter. *Name geändert O

Info Wer in diesem Fall helfen will, kann sich an den SKF unter Telefon 0821/450123 10 wenden.

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Symbolfoto: Imago Seit über einem halben Jahr sucht eine junge, alleinerzi­ehende Mutter in Augsburg nach einer Wohnung – bislang umsonst. „Oft fühle ich mich ungerecht behandelt“, sagt sie.
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Pädagogin Tanja Noeske Nüßeler

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