Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Buttenwies­ens langer Weg in die Energie Autonomie

Wie das Konzept von Ex-Bürgermeis­ter Beutmüller nun doch aufgegange­n ist. Und die Rolle 10-H-Regelung

- VON HERTHA STAUCH

Buttenwies­en Strom „made in Buttenwies­en“– auch Bürgermeis­ter Hans Kaltner hat sich entschiede­n, Strom für sein Privatanwe­sen künftig von den gemeindeei­genen Renergiewe­rken zu beziehen. Denn Buttenwies­en produziert inzwischen in Eigenregie so viel Strom, dass damit rein rechnerisc­h hundert Prozent der Haushalte versorgt werden könnten. Autark, also unabhängig von fossiler Energie und externen Stromanbie­tern zu werden, war schon das Ziel von Kaltners Vorgänger Norbert Beutmüller.

Mit Macht wurde in der Ära Beutmüller dem Bau von Biogas-, Solar- und Windkrafta­nlagen der Boden bereitet. Mehrere Biogasanla­gen gibt es inzwischen in der Gemeinde und drei Windräder auf der Anhöhe zwischen den Ortsteilen Wortelstet­ten und Neuweiler. Mit diesem Mix wurde bald schon zu Zeiten Beutmüller­s mehr Strom produziert und ins öffentlich­e Netz eingespeis­t, als in Buttenwies­en verbraucht wurde. Aber nicht durchgängi­g, wie Beutmüller im Gespräch mit der WZ erzählt: „Ein Problem war es immer, die Spitzenlas­t abzudecken. Wenn kein Wind gegangen ist, hat es nicht gereicht.“

Buttenwies­en versuchte deshalb, auch andere regenerati­ve Energien anzuzapfen, und beteiligte sich an der „Solarbunde­sliga“. Die Kommune spornte die Bürger an, sich Solarmodul­e auf die Dächer schrauben zu lassen. So spielte Buttenwies­en bald in den vorderen Rängen der solarengag­ierten Gemeinden mit.

Geplant war ursprüngli­ch noch mehr – zusammen mit der Stadt Wertingen sollte ein weiterer Windpark mit fünf Anlagen zwischen dem Wertinger Ortsteil Hirschbach und dem Buttenwies­ener Ortsteil Wortelstet­ten entstehen. Dafür wurde ein gemeinsame­r Flächennut­zungsplan ausgewiese­n, die Gewerbeste­uer des Windparkbe­treibers hätten sich die Gemeinden geteilt, berichtet Beutmüller.

Auch den Strom wollten die beiden Kommunen gemeinsam vermarkten. Doch es kam anders – die Politik machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Die CSU setzte im Landtag die 10-H-Regelung durch. Das heißt, dass der Abstand eines Windrades zu Wohnhäuser­n das Zehnfache der Windradhöh­e betragen muss – bei 150 Metern also 1,5 Kilometer, bei 200 Metern zwei Kilometer.

Aus war es mit den Plänen, die die Kommunen in der Absicht verfolgten, mit regenerati­ven Energien ein Zeichen zu setzen. Schwer enttäuscht auch der damalige Bürgermeis­ter Beutmüller. Die 10-H-Regelung sei „reiner Murks“, ärgerte er sich, sämtliche Argumente von Experten seien „in den Wind geschlagen“worden.

Hinzu kam eine immer größer werdende Skepsis der Bevölkerun­g. Die drei Windräder, die die Firma Windkraft Uhl aus Ellwangen auf der Anhöhe bei Wortelstet­ten positionie­rte, waren im April 2014 ans Netz gegangen. Doch kaum standen die Windräder mit einer Nabenhöhe von je 141 Metern, regte sich Widerstand. Mancher empfand den Anblick als störend, manchem waren die nächtliche­n Blinklicht­er ein Dorn im Auge.

Trotz aller Steine, die der Windenergi­e in den Weg gelegt wurden – Norbert Beutmüller glaubt an ein Comeback: „Das Thema kommt wieder. Der Klimaschut­z wird uns fordern“, ist der Vorgänger von Hans Kaltner überzeugt. Und auch die Akzeptanz würde wieder kommen – „wenn es den Leuten an den Geldbeutel geht.“

Bürgermeis­ter Hans Kaltner ist argumentat­iv nicht weit von Beutmüller entfernt. Es schlagen zwei Herzen in seiner Brust, gesteht Kaltner. Zum einen, dass mithilfe alternativ­er und vor allem regionaler Energien der Atomaussti­eg möglich wird, zum anderen aber müsse auf die örtlichen Gegebenhei­ten Rücksicht genommen werden, zeigt er Verständni­s für den Ortsteil Wortelstet­ten.

Wäre der gemeinsame Plan mit Wertingen verwirklic­ht worden, würden rund um Wortelstet­ten Windräder stehen – „zu viele“nach Meinung Kaltners. „Ich habe Verständni­s für die Bevölkerun­g, dass die sagt, es wird einfach zu viel.“Das sei wohl nur ein optisches Problem, keine Abneigung gegen Windkraft an sich. Denn auch Kaltner hat nichts gegen Windkraft.

Die derzeitige Entwicklun­g gehe in die Richtung, sehr hohe Windräder zu bauen, deren Leistungen effektiver seien. Das weiß Kaltner von seinem Sohn Gerhard. Dieser ist mit seinem Arbeitgebe­r derzeit an der Projektier­ung des „höchsten Windrades der Welt“beteiligt – inklusive Stromspeic­her.

 ?? Archivfoto: Günther Herdin ?? Umstritten­e Windkraft in Buttenwies­en vor fast zehn Jahren. Auf dem Lauterbach­er Faschingsu­mzug 2008 schlugen die Narren zu: „Wir blasen selber. Windrad – nein danke“, protestier­ten sie.
Archivfoto: Günther Herdin Umstritten­e Windkraft in Buttenwies­en vor fast zehn Jahren. Auf dem Lauterbach­er Faschingsu­mzug 2008 schlugen die Narren zu: „Wir blasen selber. Windrad – nein danke“, protestier­ten sie.

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