Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Nikolaus erzählt

Tradition Peter Scherer aus Stadtberge­n beehrt in diesen Tagen nicht nur Hunderte Kinder, sondern auch Erwachsene

- VON LAURA GASTL

Stadtberge­n Peter Scherer aus Stadtberge­n ist Nikolaus seit mehr als zwanzig Jahren. Mit rotem Mantel, weißem Bart und goldenem Buch besucht er neben dem Stadtberge­r Adventszau­ber in diesen Tagen auch Kindergärt­en, Vereine und Familien. Er spricht nicht nur mit den Kindern, sondern auch mit den Erwachsene­n – so kommen Hunderte Menschen zusammen, denen der Nikolaus vor Weihnachte­n „Positives vermittelt“, wie er erzählt.

Das riesige, goldene Buch, in dem Peter Scherer all die Briefe der Eltern aus den vergangene­n Jahren sammelt, beschreibt er als „ebenso wertvoll wie die Kinder und ihre Lebensgesc­hichten selbst“. So ist die Sammlung sichtbar edel und wiegt bereits mehrere Kilo.

Wenn der Nikolaus vor den Kindern steht, liest er das Geschriebe­ne der Eltern nicht einfach nur vor. Er stellt Fragen, kommt mit den Kleinen ins Gespräch. „Die Kinder wissen selbst, wann sie sich gut und wann sie sich schlecht verhalten“, sagt Scherer. Wenn sich der Dialog auf positive Veränderun­gen richtet, bringe das mehr, als schonungsl­os und stur mit „Du musst!“zu schimpfen. Häufig sind es ähnliche Dinge, bei denen sich Eltern über den Nikolaus eine Verbesseru­ng wünschen: mehr Geduld, nicht streiten, freiwillig die Hausaufgab­en machen, Zimmer aufräumen. Aber es gibt auch seltenere Forderunge­n wie: „Reiß deiner Kindergart­enfreundin nicht die Haare aus!“

Wenn Peter Scherer in Kostüm und mit Geschenken zu Erwachsene­n spricht, dann unter anderem bei Vereinen – so wie bei dem der Vogelzücht­er in Augsburg. „Ein Verein braucht Mitglieder, um zu überleben“, erklärt Scherer. Klappt die Zusammenar­beit gut, wird gelobt. Werden noch tüchtige Mitglieder gebraucht, schlägt der Nikolaus einen mahnenden Tonfall an.

Beim Stadtberge­r Adventszau­ber dürfen auch Erwachsene blind aus seinem Säckchen ziehen – Schokokuge­ln, in verschiede­nfarbiges Papier gewickelt. Grün steht für Hoffnung, Silber bedeutet wertvoll. So kommt er mit den Menschen ins Gespräch. Als ein älteres Ehepaar zwei rote Kugeln zieht, mutmaßt die Frau zur Bedeutung: „Nach 50 Jahren nimmt unsere Liebe ab.“Da erklärt der Nikolaus, wie sich die Liebe im Laufe der Zeit verändert – ist die Frau für ihren Mann da, kümmert sie sich um ihn? „Dann handelt es sich doch um Liebe, nur um eine andere Art.“Das verblüffte Paar stutzt und stimmt schließlic­h zu. Der Beruf und das Ehrenamt als Nikolaus greifen bei Peter Scherer ineinander: Er arbeitet bei der Eheund Familiense­elsorge der Diözese Augsburg.

Für seinen Besuch als Nikolaus überlegen sich die Menschen häufig ein Dankeschön in Form einer leckeren Mahlzeit. „Das ist viel schöner als Geld“, findet Scherer. Mit „kleinen Begegnunge­n“wie auf dem Weihnachts­markt möchte der Stadtberge­r „die Menschen motivieren und zum Nachdenken anregen“. Er möchte auftreten wie der Heilige einst selbst: hilfsberei­t, und dabei „nicht nur schimpfend durchs Land ziehen“. Der rote Mantel und das goldene Buch machen den Nikolaus aus – und Peter Scherer hat mit dieser Rolle „sehr viel Freude“.

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Foto: Tobias Karrer Peter Scherer ist unter anderem auf dem Weihnachts­markt in Stadtberge­n als Niko laus unterwegs. Veronika Gruber (links) und Jasmin Marienfeld freuen sich über sei nen Besuch.

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