Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine außergewöhnliche Frau
Porträt Sie kennt Lebensdrama und Geschlechterkampf: Margarethe von Trotta hat daraus deutsche Filmgeschichte gemacht. Eine weibliche. Jetzt wagt sie etwas Neues
Es ist ein merkwürdiges Frauenjahr: Einerseits, ausgehend von der Traumfabrik Hollywood, der Sexismus-Skandal – andererseits das Erstrahlen der weiblichen Sonne im erfolgreichsten FilmGenre unserer Zeit: Gal Gadot als „Wonder Woman“eroberte den Superhelden-Himmel. Und auf merkwürdige Weise wiederum passt in dieses Spannungsfeld jene Wunderfrau des deutschen Films.
Margarethe von Trotta, Anfang des Jahres 75 geworden: Sie steht für die große Tradition des hiesigen Kinos und markiert dabei doch auch ihre Schattenseiten. Sie ist die Ausnahmefrau, die sich auch immer mit starken Frauenfiguren beschäftigt hat – und wurde dafür „von Männern als Feministin verteufelt und von den wirklichen Feministinnen kritisiert“, wie sie sagt. Aber sie hat sich durchgesetzt, mutig, willensstark, durch eine bewegte Zeit und Dramen im eigenen Leben gegangen. So verbinden sich bis heute in ihr Namen und Schicksale wie Ingmar Bergman und Katja Riemann, Rainer Werner Fassbinder und Hildegard von Bingen, Volker Schlöndorff und Hannah Arendt, Gudrun Ensslin und Cornelia Froboess …
Margarethes Mutter war als Aristokratin vor den Kommunisten aus Moskau geflohen und überwand die Sehnsucht nach Heimat nie; ihr Vater, der Maler Alfred Roluf, starb, als sie erst zehn war; von der Existenz einer Halbschwester erfuhr Margarethe erst sehr spät. Selbst führte sie drei Ehen, aus der ersten hat sie einen Sohn, die zweite war mit dem Regie-Star Schlöndorff, der sie auch von dem Wirken vor der Kamera zu dem dahinter brachte. Geboren in Berlin hatte sie nach zweitem Bildungsweg und Schauspielschule in München (wo sie neben Paris auch heute lebt) übers Theater zu den deutschen Autorenfilmern gefunden, etwa auch in Fassbinders „Götter der Pest“gespielt, an Schlöndorffs Böll-Verfilmung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“1976 bereits mitgearbeitet. Seit 40 Jahren nun ist sie selbst Regisseurin, wurde bereits mit ihrem vierten Film, „Die bleierne Zeit“, in Venedig mit Gold geehrt, hatte sie sich doch gekonnt an die RAF-Figur Ensslin gewagt. Seitdem hat sie sich Frauen wie der Philosophin Arendt und der heiligen Hildegard angenommen, Hauptdarstellerin war auch schon die Froboess, ihre Gesichter aber sind etwa vor allem Barbara Sukowa und Katja Riemann.
Und mit letzterer wagt sie nun als 75-Jährige einen von gleich zwei Schritten ins Neue. Ab heute läuft in den Kinos von Margarethe von Trotta „Forget About Nick“: eine Komödie! Und 2018 dann kommt ihr erster Dokumentarfilm, eine Huldigung ihres Superhelden Ingmar Bergman zum 100. Geburtstag: „Durch seine Filme, die ich Anfang der 60er in Paris entdeckte, bin ich Regisseurin geworden. Vorher hat mich Film nicht interessiert …“Die Heimkehr von „Wonder Woman“.
Wolfgang Schütz » Eine Besprechung des neuen Trotta Films finden Sie auf der Kino Seite.