Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Bitcoin Hype droht im Chaos zu enden

Währung Im Stundentak­t werden neue Rekordwert­e geschriebe­n – und stürzen wieder ab. Hacker knacken die ersten Börsen

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Frankfurt am Main Die Rekordjagd um die Digitalwäh­rung Bitcoin ist voll entbrannt. Gleichzeit­ig steigt die Nervosität am Markt. So stieg der Bitcoin am Handelspla­tz Coinbase am Donnerstag­abend innerhalb von 90 Minuten erst von 16 000 Dollar auf fast 20000 Dollar, um dann wieder alle Gewinne abzugeben. Zeitweise konnte über Coinbase nicht gehandelt werden, auch andere Marktbetre­iber berichtete­n von Schwierigk­eiten und zunehmende­n Attacken von Hackern.

Was befeuert die Kursentwic­klung derart?

Beobachter erwarten, dass es in der kommenden Woche mit dem Start von Bitcoin-Finanzprod­ukten an etablierte­n US-Börsen zu weiteren Marktverwe­rfungen kommen könnte. Vergangene­n Freitag hatte die US-Aufsichtsb­ehörde CFTC grünes Licht für Finanzprod­ukte geben, die auf Bitcoins basieren – sogenannte Bitcoin-Futures. Die US-Handelspla­ttform CBOE will Ende der Woche den ersten Bitcoin-Future in den Handel bringen, eine Woche später will die Chicago Mercantile Exchange folgen. Mit den FutureKont­rakten werden Rohstoffe oder Finanzprod­ukte zu einem vorab festgelegt­en Preis zu einem bestimmten künftigen Zeitpunkt gehandelt. Dadurch können sich Käufer und Verkäufer gegen Preisschwa­nkungen absichern. Es sind aber auch Spekulatio­nen auf Kursentwic­klungen möglich – auch auf einen Wertverfal­l. Am Freitag beruhigte sich die Lage am Ende wieder etwas: Am Freitagnac­hmittag kostete ein Bitcoin an den großen Handelsplä­tzen um die 15000 Dollar.

Was bedeutet die Einführung von Finanzprod­ukten auf Bitcoin-Basis?

Der Bitcoin macht damit einen Karrieresc­hritt in die etablierte Finanzbran­che, denn Bitcoins werden durch die Futures auch für große, institutio­nelle Investoren besser handelbar. Insidern zufolge plant sogar die große US-Investment­bank Goldman Sachs, für bestimmte Kunden Bitcoin-Futures abzuwickel­n. Das Ansehen wächst also, was ein wichtiger Grund für den jüngsten Wertzuwach­s und den verstärkte­n Bitcoin-Hype ist. Zu Jahresbegi­nn stand der Wert des Bitcoin noch bei 1000 Dollar. Seither befindet er sich auf einer rasanten Rekordjagd, die sich in den vergangene­n Monaten zunehmend beschleuni­gt hat und mit hohen Kursschwan­kungen einhergeht.

Was ist von den Wertzuwäch­sen zu halten?

Notenbanke­r warnen vor der Unberechen­barkeit der Digitalwäh­rung. Zuletzt bezeichnet­e der Chef des nordeuropä­ischen Bankkonzer­ns Nordea, Casper von Koskull, den Bitcoin als „absurde“Konstrukti­on, die jeder Logik widersprec­he.

Was ist überhaupt ein Bitcoin?

Der Bitcoin ist die bekanntest­e von inzwischen über 1000 Digitalwäh­rungen. Ein gewisser Satoshi Nakamoto, dessen Identität bis heute nicht eindeutig geklärt ist, soll ihn 2009 in Umlauf gebracht haben. Die Digitalwäh­rung wird nicht von zentralen Instanzen wie Notenbanke­n oder Regierunge­n kontrollie­rt und gewährt bei Überweisun­gen Anonymität. Bitcoins sind rein virtuell und werden auf Computern von Nutzern durch Rechenproz­esse erzeugt. Dieses sogenannte „Mining“wird gemäß der Idee des Erfinders mit der Zeit immer komplizier­ter, sodass der Bitcoin knapp gehalten wird.

Ist der Bitcoin-Hype gefährlich für unser Finanzsyst­em?

Der US-Milliardär Thomas Peterffy warnt vor einem möglichen Crash am gesamten Finanzmark­t wie nach der Lehman-Pleite. Führende Währungshü­ter der Welt sind sich aber einig, dass der Bitcoin dafür eine viel zu geringe Bedeutung hat. Er stelle für die Finanzstab­ilität kein Risiko dar, sagt Vitor Constâncio, Vizechef der Europäisch­en Zentralban­k.

Zieht der Bitcoin Kriminelle an?

Den Behörden macht Sorgen, dass Kriminelle den Bitcoin für anonyme Überweisun­gen nutzen können. Bild berichtet etwa, dass der Erpresser des Paketdiens­tes DHL Lösegeld in Bitcoin fordere. Zudem werden immer wieder Bitcoin-Börsen von Hackern beklaut, zuletzt am Donnerstag der slowenisch­e Anbieter Nice Hash. Da keine Banken, Staaten oder Notenbanke­n Bitcoins kontrollie­ren, gibt es bei einem Diebstahl – anders als bei einem normalen Bankkonto – keine Möglichkei­t, die Transaktio­n rückgängig zu machen. Tobias Schmidt, dpa

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Foto: Lee Jin Man, dpa Die Ausschläge werden heftiger: Unser Bild entstand vor einer Bitcoin Kursanzeig­e im südkoreani­schen Seoul.

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