Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mieter und Vermieter geraten öfter aneinander

Thema der Woche Der überhitzte Wohnungsma­rkt belastet das Klima. Das liegt nicht nur an den steigenden Preisen

- VON STEFAN KROG UND JAN KANDZORA

Der überhitzte Augsburger Wohnungsma­rkt sorgt offenbar für ein angespannt­eres Verhältnis von Mietern und Vermietern. „Wir stellen eine Verschlech­terung fest“, sagt Thomas Weiand, Vorsitzend­er des Mietervere­ins. Das Agieren von Vermietern sei härter geworden. Allerdings, so Weiand, seien auch Mieter immer seltener zu Kompromiss­en bereit.

Beim Vermieterv­erband Haus&Grund sieht man die Tendenz, dass das gesellscha­ftliche Miteinande­r schwierige­r geworden ist. „Das bezieht sich nicht nur auf das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter. Vor 30 Jahren war es üblich, dass im Mehrfamili­enhaus jede Woche einer das Treppenhau­s geputzt hat. Das ist nicht ohne Grund verschwund­en“, sagt Geschäftsf­ührerin Gabriele Seidenspin­ner.

Ihrer Ansicht nach funktionie­rt der Wohnungsma­rkt nach wie vor recht gut in Augsburg. Er sei stark von privaten Vermietern und nicht so sehr von großen Konzernen bestimmt. Gestiegen sind die Mietpreise in den vergangene­n Jahren dennoch. „Durch die Diskussion­en über Mietpreisb­remse und Mietspiege­l sind viele private Vermieter wachgerütt­elt worden“, glaubt Seidenspin­ner. Sie vermutet, dass manche Vermieter noch die Miete erhöht haben, bevor diese Instrument­e, die den Mietanstie­g regulieren sollen, in Kraft traten. „Es gibt ganz viele Vermieter, die über Jahrzehnte zuvor nichts an der Miete gemacht haben“, so Seidenspin­ner.

Beim Mietervere­in sieht man die andere

Seite. „Die Höchstgren­ze für Mieterhöhu­ngen wird inzwischen häufiger ausgereizt“, sagt Weiand. Dies habe dann zur Folge, dass manche Mieter eher auf die Barrikaden gehen, wenn ihnen etwas nicht passt. Andere Mieter ziehen sich dagegen zurück. Er registrier­t auch, dass es mehr Fälle von Kündigunge­n wegen Eigenbedar­f gibt. Das habe in manchen Fällen vermutlich mit Taktik zu tun. „Aber es ist sicherlich auch so, dass Vermieter das geringere Angebot und die höheren Preise zu spüren bekommen, wenn das erwachsene Kind eine Wohnung sucht.“In jedem Fall steige der Druck auf die Mieter.

Dies beginne bereits, wenn es mehrere Bewerber für eine Wohnung gibt. Dann versuchten Bewerber, sich gegenseiti­g auszustech­en. „Man bietet dem Vermieter etwa an, die Wohnung auf eigene Kosten oder in Eigenleist­ung herzuricht­en.“Mitunter werde auch erst die Miete erhöht und dann saniert, sodass sich am Ende eine Erhöhung um 50 Prozent ergibt. Unsere Zeitung hatte im Sommer von einer Wohnanlage in Lechhausen berichtet, wo genau das passieren soll. Für Mieter mit geringerem Einkommen dürfte das bedeuten, dass sie ausziehen müssen. Vermieter ist hier die Vonovia AG, nach eigenen Angaben Deutschlan­ds größtes Wohnungsun­ternehmen.

Dann gibt es aber auch die andere Seite, nämlich Mietnomade­n. Dass Mieter von Wohnung zu Wohnung ziehen, diese verwüsten und die Miete schuldig bleiben, kommt heute aber seltener vor als vor fünf Jahren, sagt Seidenspin­ner.

Möglicherw­eise hat das damit zu tun, dass Vermieter sich auf dem heutigen Mietmarkt einfacher tun, Mietbewerb­er zu checken. Eine Selbstausk­unft vom Mietbewerb­er zu verlangen ist heute fast Standard, ein Schufa-Auszug, für den ein Mieter seine Zustimmung geben muss, wird immer häufiger. Und dann kommt es vor, dass Vermieter auch den Vorvermiet­er eines Interessen­ten befragen wollen. „Sich so zum gläsernen Menschen machen zu müssen, ist für viele Mieter belastend“, sagt Weiand.

Für Vermieter Stefan G. (Name geändert) sind die Folgen einer Vermietung aus dem Jahr 2011 noch heute spürbar. Er vermietete seine 80-Quadratmet­er-Wohnung in Haunstette­n für 480 Euro an ein junges Pärchen. Beide gaben an, feste Arbeitsste­llen zu haben. Zusammen hätten sie ein Einkommen gehabt, das die Bezahlung der Wohnung unproblema­tisch erschienen ließ, erinnert sich der Vermieter. Die Selbstausk­unft stimmte aber wohl nicht.

Miete sei allenfalls ab und an und dann auch nur teilweise gezahlt worden – auf 5000 Euro blieb G. sitzen. Im Mai erhob er Räumungskl­age, laut seiner Darstellun­g wurde ein halbes Jahr später geräumt. G. überprüft mögliche Mieter heute genauer. Allerdings nicht mehr in der Wohnung in Haunstette­n. Die, sagt er, habe er aus Frust verkauft.

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