Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Stadtbücherei setzt auf Kinder
Bildung Das Augsburger Bibliothekskonzept, das 2013 vom Stadtrat beschlossen wurde, geht auf. Ein Ziel ist es, bis zum Ende der Grundschulzeit jedes Kind einmal in die Einrichtung zu locken. Dafür wurden viele Anreize geschaffen
Es ist bereits die vierte Führung von Kindern und Erwachsenen an diesem Freitagvormittag durch die Kinder- und Jugendabteilung im Erdgeschoss der Stadtbücherei. Die Teilnehmer sehen eine Bereich, der sich in den vergangenen Monaten sehr entwickelt hat – und der sich noch weiter verändern wird. Dort wo Jakob Maier seinem kleinen Sohn etwas vorliest, können es sich künftig Kinder im Alter von bis zu drei Jahren auf einer „Blumenwiese“gemütlich machen. „Auf einem grünen Teppich werden zwei große Sitzstoffblüten aufgestellt, in denen bis zu vier Kinder bequem sitzen können“, erklärt Erzieherin Nesrin Hörmann.
Sie arbeitet seit zwei Jahren in der Stadtbücherei. Ihre Stelle wurde nach der Änderung des Bibliothekskonzepts neu geschaffen. Der Stadtrat hatte 2013 die Weichen für eine Neuausrichtung der Einrichtung gestellt. Damals wurde deutlich, dass rund 50 Prozent der Kinder, die in die erste Klasse kommen, einen Sprachförderbedarf haben, also nicht richtig lesen und sich auch nicht richtig ausdrücken können. Das galt im gleichen Maß für Deutsche als auch für Kinder mit Migrationshintergrund: Kinder bis zum der Grundschulzeit wurden im Bibliothekskonzept als Hauptzielgruppe festgelegt.
Seither ist viel passiert, wie Manfred Lutzenberger, Leiter der Stadtbücherei, zuletzt im Bildungsausschuss verdeutlichte. Ein erhöhter Etat und mehr Personal machten es möglich, dass die Bücherei sich neu aufstellte. So wurde die Anzahl der Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche seit 2013 von 531 um 53,4 Prozent auf 1025 Veranstaltungen gesteigert. Auch die Medienbestände wurden nach und nach auf die Hauptzielgruppe ausgerichtet: Sachliteratur und Ratgeber wurden reduziert, die Kindermedien ausgebaut. „Die anvisierte Aufteilung von 55 Prozent Kindermedien und 45 Prozent Medien für Erwachsene ist so gut wie erreicht“, betonte Lutzenberger. Im Jahr 2013 lag das Verhältnis noch bei 40 zu 60.
Als besonders erfolgreiche Maßnahmen nannte Lutzenberger die Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten mit dem Konzept für bis Dreijährige, die der Sprachbildungsförderung dienen. Dabei werden spielerisch Bilderbücher be- trachtet und anschließend verschiedene Themen durch Lieder, Finger-, Rollen- und Bewegungsspiele vertieft. Erzieherin Nesrin Hörmann hat für Leben in diesem Bereich gesorgt. Sie bietet eine Vielzahl von Veranstaltungen, hat Medienkisten zusammengestellt, die von Kitas oder Grundschulen ausgeliehen werden. „Gerade im Bereich der ganz Kleinen sprechen wir alle Sinne an. Sie sollen nach Hause gehen und das Gefühl haben, dass das toll war“, sagt sie.
Die Rutsche wurde abgebaut, weil hier zu viele Unfälle passiert sind. Dafür gibt es jetzt eine Kuschelhöhle und mehr Platz für die Kinder. „Für die drei- bis sechsjährigen Buben und Mädchen wird bald eine Kochzeile aufgebaut, die gut in das Programm mit eingebaut werden kann“, zählt Annette Güzelmeric, Bibliothekarin in der Kinderund Jugendabteilung, die weiteren Schritte auf. Das Ziel ist es, Anreize zu schaffen, die die Kinder immer wieder in die Stadtbücherei locken. Das passiert auch in mit TabletComputern unterstützten Lesungen oder in Erzähltheaterstücken.
Grundschulkinder gehören ebenfalls zur Kernzielgruppe. Die Mitarbeiter in der Stadtbücherei, in den Zweigstellen und im Bücherbus verwandten im Jahr 2016 allein 556 ArEnde beitsstunden auf dieses Konzept. Das Projekt „Eins, zwei, Bücherei!“richtet sich seit diesem Jahr an Grundschüler, die eine Führung durch die Stadtbücherei oder eine Zweigstelle erhalten. Für die Schüler der zweiten Klasse wurde eine eigene Rallye konzipiert, die die Mädchen und Buben mit dem Medienbestand vertraut machen soll. Im ersten Jahr wurde das Projekt „Eins, zwei, Bücherei“von 101 Klassen genutzt.
Das Ziel der Stadtbücherei sei es, Kinder im Vorschul- und im Schulalter mindestens einmal in die Stadtbücherei oder eine ihrer Zweigstellen zu bewegen. „Das gilt natürlich auch für Brennpunktschulen, deren Schüler teilweise aus bildungsfernen Elternhäusern stammen“, betont Wolfram Siemons, Öffentlichkeitsreferent der Stadtbücherei.
Daneben kooperieren die Mitarbeiter der Bücherei auch eng mit den Mitarbeitern der Schulbibliotheken. Die im Jahr 2015 bei der Stadt neu geschaffene Servicestelle für Schulbibliotheken ist ein Bindeglied zwischen Stadtbücherei und Bildungseinrichtungen. Auch das Angebot der Lese-Inseln wird weiter ausgebaut: Im Frühjahr wird die zehnte Lese-Insel eröffnet. Sie wird in der Wittelsbacher Grundschule eingerichtet. »Kommentar
Sachliteratur und Ratgeber wurden reduziert