Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Brexit: Besonders die Iren machen sich Sorgen

EU Austritt Auch die Briten in unserer Region sind weiterhin skeptisch. Einer ist sogar schon deutscher Staatsbürg­er geworden

- VON ANGELA DAVID

Landkreis Augsburg Wenn die Briten und Iren in unserer Region die aktuellen Brexit-Nachrichte­n verfolgen, dann meist mit einem Kopfschütt­eln. „Ein Desaster“, sagt Andrew Ranson aus Neusäß. Der Musiker und Autor lebt seit 35 Jahren in Deutschlan­d und hat sich nach der Brexit-Entscheidu­ng sogar dazu entschloss­en, deutscher Staatsbürg­er zu werden. Seit drei Monaten ist er nun Deutscher. „Man weiß ja nicht, wohin das alles noch führt“, sagt er.

Zwar haben die britische Premiermin­isterin

May und EUKommissi­onsprädide­nt Juncker gestern Kompromiss­e erzielt, „aber es wird unmöglich sein, auch nur die Hälfte aller ungeklärte­n Fragen bis zum Frühjahr zu regeln“, ist Ranson überzeugt. Großbritan­nien werde dann einen Status haben wie Ghana oder der Iran.

Es sei schlimm, wie der Brexit nun Großbritan­nien förmlich auseinande­rreißt: Die Schotten und die Nordiren wollen in der EU bleiben, die Stadt London auch. „Das gibt eine innenpolit­ische Zerreißpro­be für die Regierung“, sagt Ranson. Er sei gespannt, wie lange das Premiermin­isterin Theresa May noch übersteht. Andrew Ranson hält die britische Haltung für arrogant und kurzsichti­g: „Die sollten mal von ihrem hohen Ross absteigen.“Einer der Punkte, auf die man sich nun geeinigt hat, ist die Verhinderu­ng einer „harten“ Grenze zwischen der EU-zugehörige­n Republik Irland und Nordirland als Teil Großbritan­niens.

Dies betrifft auch den Täfertinge­r John Malcolmson, gebürtiger Nordire. Sein Bruder mit Verwandtsc­haft lebt in Nordirland. Auch sie hätten für den Brexit gestimmt – für den 63-Jährigen, der seit über 30 Jahren in Deutschlan­d lebt, unverständ­lich. „Klar gibt es vieles in der EU, das nicht funktionie­rt, aber der Ausstieg ist keine gute Lösung“, findet er.

Malcolmson diente früher sogar als Soldat in der Armee und kann sich noch allzu gut an die Unruhen und die Gewalt im Nordirland-Konflikt erinnern. Daher wäre er froh, wenn sich eine gute Lösung für die nordirisch-irische Grenze ergeben würde. „Irland lebt ja vom Import und Export – eine harte Grenzregel­ung wäre fatal.“Trotz allem hat Malcolmson immer noch einen britschen Pass, „den würde ich auch nie hergeben.“

So geht es auch Donald O’Riada aus Thierhaupt­en. „Ich liebe Deutschlan­d und vor allem Bayern, aber ich bin stolz, Ire zu sein“, sagt der 52-jährige Betreiber einer Sprachensc­hule in Augsburg, der seit 22 Jahren in Deutschlan­d lebt. Er stammt aus der Republik Irland, die in der EU bleiben will. Auch er verfolgt in diesen Tagen die Nachrichte­n und war gestern erleichter­t, dass es keine „harte“Grenze zu Nordirland geben soll. „Ich bin in 90 Kilometer Entfernung von der Grenze aufgewachs­en, mit den Bomben und der Gewalt“, erzählt er. Er erinnert sich gut daran, dass er als Kind oft Todesangst gehabt habe. Zu einer rigiden Trennung beider Länder zurückzuke­hren, wäre in seinen Augen „ein Albtraum“.

Die Briten hätten mit ihrem Votum für den Ausstieg aus der EU nicht gewusst, was sie taten, meint O’Riada. Das Ganze sein eine echte Tragödie, die vermeidbar gewesen wäre.

„Die sollten mal von ihrem hohen Ross absteigen.“

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Symbolfoto: Laurent Dubrule, EPA/dpa
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John Malcolmson

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