Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Pizza aus Neapel braucht vor allem Zeit
Essen Mit diesem belegten Hefeteig stiefelte ein Stück Italien in unsere Region. Die italienischen Bäcker hierzulande sind stolz auf ihr Weltkulturerbe und haben so ihre ganz eigenen Tricks für den perfekten Teig
Stauden Umberto Cuomo lässt dünne Teiglappen durch die Luft wirbeln. Mit Leichtigkeit zieht der 38-Jährige den Hefeteig in seine flache, runde Form, ohne dabei Löcher entstehen zu lassen. Traditionell muss es bei Cuomo sein – mit 13 hat der Italiener das Pizzabacken in Neapel gelernt, bevor er dann 2005 seine Taverna Il Galeone in Steppach eröffnete.
Mit der Pizza stiefelte ein Stück Italien nach Deutschland und damit auch in unsere Region. Heller Teig, rote Tomatensoße, grünes Basilikum: Mehr Italien in einem Gericht geht wohl nicht. Jetzt wurde die „traditionelle Backkunst der neapolitanischen Pizzabäcker“offiziell zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Auch im Landkreis brennen die Pizzabäcker für den traditionellen Hefeteigfladen.
Seit mittlerweile bereits 16 Jahren führt Domenico Altavilla die Pizzeria Martini in Fischach. Er erklärt, worauf es bei der original neapolitanischen Pizza ankommt: „Der Rand ist sehr hoch. Belegt wird die Pizza Margherita nur mit Tomatensoße, Büffelmozzarella und ein paar Blättern Basilikum.“
Er selbst backt in seinem Ristorante die „ganz normale, italienische Pizza“: Sie ist sehr flach und hat einen dünnen Rand. Beim Belag ist der in Italien gelernte Koch offen – er scheut nicht davor zurück, auch Fleisch oder Fisch daraufzulegen. Der Teig ruht in Altavillas Pizzeria vier bis sechs Stunden lang, ehe die Kugeln vorbereitet werden. Dann bekommt der portionierte Teig nochmals zwei Stunden Zeit, um zu wachsen.
Auch bei Umberto Cuomo in Steppach darf der Teig in Ruhe aufgehen, bekommt dafür fast einen ganzen Tag Zeit. Ähnlich dem bayerischen Reinheitsgebot für Bier dürfen nur speziell auserkorene Zutaten für den Pizzateig verwendet werden: Wasser, Mehl, Olivenöl, Salz und „ganz wenig Hefe“, betont Cuomo. Deshalb wachse der Teig auch nur langsam: „Zu viel Hefe würde Bauchschmerzen verursachen.“Dafür ist die Pizza im original italienischen Ofen umso schneller fertig. Bei 400 Grad benötigt sie nur drei bis vier Minuten.
Original italienisch sind auch die geschälten Tomaten, die Cuomo für die Soße verwendet. Mit Salz, Olivenöl und wenig Oregano werden diese püriert. Neben Margherita und Marinara gibt es bei dem 38-Jährigen die Pizza ganz nach Wunsch belegt. „Man muss sich dem deutschen Geschmack eben ein bisschen anpassen“, sagt Cuomo mit italienischem Akzent und lächelt. Dass die Pizza zum Weltkulturerbe erklärt worden ist, freut ihn sehr: „Das ist doch schön!“
Auch Cristofaro Pugliese, Besitzer des Ristorante Opera in Neusäß, ist über die Anerkennung der italienischen Kunst sehr glücklich. Er selbst ist in Neapel geboren und aufgewachsen und wurde dort zum Koch ausgebildet, bevor er 2015 sein Ristorante in Neusäß eröffnete. Im Juni 2018 möchte Pugliese die traditionelle Pizzabackkunst, wie sie speziell in seinem Ristorante ausgeübt wird, unter Beweis stellen: Seine Pizza Napoletana soll zertifiziert werden. Dann kommen Gutachter direkt aus Neapel, um Zutaten und Verarbeitung zu überprüfen. „Es gibt erst eine Pizzeria in ganz Bayern, die von der Associatione Verace Pizza Napoletana ausgezeichnet wurde“, erklärt Pugliese. Und er möchte nachziehen.
Bei dem Neusässer Pizzabäcker geht der Teig ganze 36 Stunden lang bei 23 bis 26 Grad. Anschließend backt der Teigfladen 55 Sekunden lang im originalen Valoriani-Holzofen, einem der besten aus ganz Italien.
In der Küche des Ristorante Opera gibt es außerdem kaum Maschinen – es wird vor allem mit der Hand gearbeitet. Das Ergebnis ist eher weich als knusprig, ganz traditionell und sehr neapolitanisch.