Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Unsere Augen im Himmel
Satellitenbilder sind heute alltäglich. Dabei hat die Erdbeobachtung in kurzer Zeit unseren Blick auf die Erde verändert. Und die Technik wird immer besser
Eine geheimnisvolle, verlassene Insel in der Flussmündung vor Bissau, der Hauptstadt von Guinea: Der Boden ist steinigbraun, die Grundmauern mehrerer, offensichtlich verfallener Gebäude stehen noch; ebenso eine Anlegestelle für Boote, sonst wirkt alles verlassen. Die gespenstisch leeren Autobahnen in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang; der Parkplatz der Superjachten im Hafen von Monaco – die ganze Welt ist heute nur einen Klick entfernt.
Ein Computer mit Internetanschluss reicht, um kostenlos und in sehr guter Bildqualität beinahe jeden Ort der Welt aus der Vogelperspektive zu betrachten. Die Auflösung ist oft so gut, dass sogar einzelne Menschen auf der Straße auszumachen sind. Inzwischen nehmen wir die Möglichkeiten, die uns die Satellitentechnik eröffnet, beinahe selbstverständlich hin. Dabei hat das große Zeitalter der Fernerkundung mit Satelliten erst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts so richtig begonnen.
Es war natürlich das Militär, das diese Entwicklung befeuerte. Im Zeitalter des Kalten Kriegs wurden die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen: leistungsfähige und zuverlässige Trägerraketen sowie digitale Bildverarbeitung und Datenübertragung beziehungsweise -speicherung. Heute sind Satelliten zwar immer noch Hightech. Aber längst mischt eine unüberschaubare Vielzahl von privaten und staatlichen Akteuren in diesem Feld mit. Im Sommer dieses Jahres gab es nach Angaben von Statista über 1700 Satelliten im All, die meisten davon Telekommunikations- und Fernsehsatelliten. Aber die Erdbeobachtung ist von wachsender Bedeutung.
Satelliten können schnell und eindeutig Änderungen bei der Landnutzung erkennen. Sie zeigen Archäologen den Ort verschütteter Siedlungen und Bauingenieuren die Topografie eines Geländes und den Fortschritt von Großbaustellen. Sie helfen Katastrophenhelfern nach Erdbeben oder Vulkanausbrüchen bei der Abschätzung von Schäden und der Planung von Soforteinsätzen. Und natürlich werden sie weiterhin besonders intensiv vom Militär genutzt. Stand der öffentlich verfügbaren Technik ist heute, aus 800 Kilometer Entfernung noch Objekte zu erkennen, die kleiner sind als ein Meter. Was die Militärs können, ist geheim – und wahrscheinlich deutlich besser.
Erdbeobachtung heißt natürlich viel mehr, als nur Fotos zu machen und auszuwerten. Satelliten tasten die Erde mit Radar und Licht in einer Vielzahl von Spektren ab. Dabei vermessen sie nicht nur die Oberfläche der Erde mit unerreichter Genauigkeit. Sie erfassen die Dichte von Eis ebenso wie die Konzentration von Klimagasen in der Atmosphäre oder den Zustand von Wäldern und Meeren.
Faszinierend und auch für den Laien sofort zu verstehen, sind aber Satellitenfotos. Eine Auswahl beeindruckender Satellitenbilder präsentiert jetzt der opulente Bildband „Europa – Kontinent der Vielfalt“. Städte, Landschaften und ihre Formung durch den Menschen lassen sich kaum besser darstellen.
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Daten der Esa Satelliten unter https://earth.esa.int/web/guest/home