Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zwischen Sicherheit und Risiko

Eigentum Was bei der Zinsbindun­g eines Immobilien­kredits für wen sinnvoll ist

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mehr tragen kann: „Bei einer Restschuld von 90 Prozent habe ich keine Chance“, so die Einschätzu­ng des Experten. Das Projekt Eigenheim droht zu scheitern.

Eine langfristi­ge Zinsbindun­g soll vor steigenden Zinsen schützen. Sie ist insbesonde­re eine Option für Bauherren mit knappem Budget. „Je knapper an der Liquidität­sgrenze, desto länger die Laufzeit“, empfiehlt Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung. Denn wer viel Fremdkapit­al braucht und wenig von dem Kredit tilgen kann, sollte das Risiko steigender Zinsen reduzieren – also besser einen Kredit wählen, der länger als die üblichen zehn Jahre läuft. So bleibt mehr Zeit ihn abzutragen. Restschuld und Anschlussd­arlehen fallen dann kleiner aus. Das reduziert die Belastung infolge gestiegene­r Zinsen.

Auf dieses Recht kann man bauen

Ein Vorteil langfristi­ger Kredite ist deren Flexibilit­ät. „Sie lassen sich mit einer sechsmonat­igen Kündigungs­frist bereits nach zehn Jahren kündigen“, sagt Henning Ludwig vom Finanzieru­ngsvermitt­ler Dr. Klein. Dieses Recht ist im Bürgerlich­en Gesetzbuch verankert. So haben Darlehensn­ehmer die Chance umzuschuld­en, wenn sich die Kreditkond­itionen verbessern. Auch die komplette Rückzahlun­g ist dann möglich. Die Zehnjahres­frist zählt ab der vollständi­gen Auszahlung des Kredits. Nach Angaben von „Finanztest“bieten Baufinanzi­erer zudem standardmä­ßig Ratenwechs­el und ein Tilgungswa­hlrecht an, um die Rückzahlun­g anzupassen.

Zu einer kurzen Zinsbindun­g tendieren Experten eher, wenn ein sinkendes Zinsniveau prognostiz­iert wird. Aber auch für Immobilien­käufer mit finanziell­em Spielraum ist möglicherw­eise eine kurze Zinsbindun­g zwischen fünf und zehn Jahren attraktiv. Meist können sie eine höhere Tilgung leisten und den Schuldenbe­rg zügiger abbauen. „Je kleiner die Restschuld, desto niedrinich­t ger das Risiko der Zinsänderu­ng“, erläutert Sahr. Denn auch, wenn die Zinsen steigen, würden sie sich auf einen geringen Betrag auswirken.

Eine kurze Zinsbindun­g bietet sich auch an, wenn man das Geld der Bank nur zur Überbrücku­ng braucht: Das Darlehen also schnell ablöst, etwa weil ein Erbe ins Haus steht oder der Erlös aus dem Verkauf einer anderen Immobilie der Finanzieru­ng der neuen zugutekomm­t. „Dann ist eine lange Zinsbindun­g nicht notwendig“, sagt Ludwig.

Darlehen mit kurzer Zinsbindun­g sind meistens billiger. Denn Banken verlangen für eine langfristi­ge Zinssicher­heit oft einen Aufschlag. Dieser schwankt je nach Laufzeit: Max Herbst beziffert die Mehrkosten auf 0,5 Prozent für 15 Jahre und 0,8 Prozent für 20 Jahre. Sahr rechnet mit leicht darunter liegenden Sätzen. Der Aufschlag verteuert das Darlehen insbesonde­re in den ersten zehn Jahren. Mithilfe von Zinsrechne­rn im Internet kann man herausfind­en, welches Ergebnis – finanziell betrachtet – das bessere ist.

Die Entscheidu­ng für eine Sollzinsbi­ndung ist ein Mix aus Rechnerei und Risikoabwä­gung: Kann ich mir die Finanzieru­ng der Restschuld zu künftig wahrschein­lich schlechter­en Konditione­n leisten? Das lässt sich testen: Dafür das komplette Darlehen mit einem Zinssatz von fünf oder sechs Prozent durchkalku­lieren. Sahr zufolge erweisen sich die meisten Kreditnehm­er als risikosche­u. Mit der Konsequenz, dass für sie „die längere Bindung die bessere Wahl ist“.

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Foto: v.poth, Fotolia.com Am besten erst einmal durchrechn­en: Die Entscheidu­ng für eine Sollzinsbi­ndung sollte gut durchdacht und abgewägt werden.

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