Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Rafinha „Chauffeur“erzählt
Schneechaos Der Bayern-Star steckte auf der A 8 fest, Christopher Gruß hat ihn abgeholt. Was der Bonstetter erlebt hat
Bonstetten Der Bayern-Star Rafinha steckte am Sonntag auf der A8 bei Zusmarshausen fest. Er war im Schneetreiben in ein schleuderndes Auto vor ihm gerutscht. Sein Wagen war so stark beschädigt, dass er nicht mehr weiterfahren konnte. Dass der Außenverteidiger doch noch zu seinem Termin – dem Bayern-Fanklub in Gundelfingen – kam, ist Christopher Gruß zu verdanken. Er ist der Ehemann von Gundelfingens Bürgermeisterin Miriam Gruß, die auch auf der Weihnachtsfeier der Bavarian Eagles war. Familie Gruß wohnt in Bonstetten – also nicht allzu weit weg von der Unfallstelle. Die Bürgermeisterin bat deshalb ihren Mann um Hilfe.
Herr Gruß, sind Sie denn Bayern-Fan? Gruß: Nee, ich bin Club-Fan, ich komme ja ursprünglich aus Franken. Sie können sich vorstellen, wie es ist, als Nürnberg-Fan auf eine BayernVeranstaltung zu müssen. Früher war der FC Bayern unser Feindbild. Aber mittlerweile spielen wir ja in der Zweiten Liga, da ist es nicht mehr so schlimm. Und als ich mit Rafinha beim Bayern-Fanclub angekommen bin, da haben alle angefangen zu klatschen. Das war schon eindrucksvoll.
Bis Sie dort ankamen, hatten Sie eine stundenlange Odyssee hinter sich. Wie ist dieser verrückte Sonntag abgelaufen? Gruß: Ich war mit meinen zwei Kindern daheim. Da rief meine Frau an und meinte: Rafinha steht auf der A 8 bei Zusmarshausen. Ob ich ihn abholen könnte? Am Anfang dachte ich, sie will mich veräppeln – bis sie mir erklärt hat, dass sie bei der Weihnachtsfeier des Bayern-Fanklubs in Gundelfingen ist und alle auf Rafinha warten.
Da sind Sie losgefahren?
Gruß: Ja, mein Sohn war zwar nicht so begeistert, dass er auf seine kleine Schwester aufpassen musste, aber das war eine Ausnahmesituation. Es hat gestürmt und geschneit, das Autofahren war echt abenteuerlich.
Und dann haben Sie ihn gleich auf der A 8 gefunden?
Gruß: Ich hatte die Handynummer seiner Begleiterin Johanna Funk, Medienberaterin beim FC Bayern, und sie hat mir genau beschrieben, wo sie standen. Ehrlich gesagt: Wenn ich es nicht gewusst hätte, hätte ich Rafinha nicht erkannt. Er ist auch sehr klein!
Der Brasilianer hat bestimmt gefroren, oder?
Gruß: Ja, die beiden standen total verfroren am Fahrbahnrand. Rafinha hatte Halbschuhe an – die waren bestimmt nicht billig, aber für den Schnee völlig ungeeignet. Die zwei konnten nicht mal in ihrem Auto sitzen bleiben, denn das stand nach dem Unfall auf der linken Spur. Wir mussten dann noch auf die Polizei warten. Das hat ewig gedauert, die hatte ja viel zu tun. Bis dahin durften die zwei sich bei mir im Auto aufwärmen.
Apropos Auto: Konnten Sie mit dem Profifußballer mithalten?
Gruß: Immerhin hatten wir beide Audis. Er hatte einen voll ausgestatteten A 7. Aber mein A 4 2.0 TDI ist auch ganz gut. Wir kamen jedenfalls gut durch den Schnee. Und wie ist er so, der Bayern-Star? Gruß: Ein netter Kerl, und trotz der schwierigen Situation war er relativ entspannt.
Es kommt ja nicht oft vor, dass man einen Fußballprofi im Auto sitzen hat. Über was unterhält man sich da so?
Gruß: Die erste halbe Stunde haben wir nur über den Unfall gesprochen. Wir sind den Unfallhergang noch mal in allen Details durchgegangen, haben gerätselt und gefachsimpelt. Auf der Fahrt nach Gundelfingen habe ich dann gemerkt, dass er sich auf seinem Smartphone Fußballvideos anschaut, er saß auf der Rückbank. Da hat er mir erklärt, dass das Spielausschnitte sind, die er geschickt bekommt und analysiert. Später hat er mitbekommen, dass Peter Stöger neuer Trainer von Dortmund wird. Das gab natürlich Gesprächsstoff.
Interview: Manuela Bauer