Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Kehrseiten der Medaillen

Silvesterl­auf Geschichte(n) Chronist Alfons Winklhofer hat nicht nur Plaketten und Ergebnisli­sten der vergangene­n 50 Gersthofer Silvesterl­äufe gesammelt / Serie, Teil 1

- VON OLIVER REISER

Gersthofen Die Jubiläumsv­eranstaltu­ng des 50. Gersthofer Silvesterl­aufs war längst gelaufen, da entstand beim gemeinsame­n Essen für alle Helferinne­n und Helfer die Idee, eine Chronik der vergangene­n 50 Läufe zu erstellen. Und nachdem Alfons Winklhofer eine derartige Chronik bereits für die Leichtathl­etik-Abteilung des TSV Gersthofen erstellt hatte, fiel die Wahl nicht nur aufgrund der dabei bewiesenen akribische­n Recherchea­rbeit auf ihn. „Als Rentner hat man ja Zeit“, lacht Winklhofer, der vor 71 Jahren in Biberbach geboren wurde und seit einigen Jahren auch wieder dort lebt. Hobbymäßig beschäftig­t er sich auch intensiv mit Ahnenforsc­hung.

49 Jahre war er als Bezirks-Kaminkehre­rmeister tätig, bis er 2011 in den Ruhestand trat. Winklhofer hatte aber auch noch eine weitere Trumpfkart­e in der Hinterhand: Als ehemaliger Leichtathl­etik-Abteilungs­leiter war er beim Silvesterl­auf von Anfang an in den verschiede­nsten Funktionen dabei. Als Helfer, als Zeitnehmer, als Streckenpo­sten, viele Jahre als Organisati­onsleiter – und auch als Glücksbrin­ger. Doch dazu später mehr. Alle Fakten sind durch Zeitungsau­sschnitte, Bilder, Ergebnisli­sten oder handschrif­tliche Notizen belegt, die Alfons Winklhofer in mühevoller Kleinarbei­t gesammelt, eingescann­t und archiviert hat.

Die Geburtsstu­nde

Die Geburtsstu­nde des Silvesterl­aufs schlug in einem Auto. Ende Oktober des Jahres 1967 machten sich die Sportkamer­aden Alois Braun, Oskar Stanglmeie­r, Manfred Gufler und Erwin Pfaffenzel­ler zu einem Volkslauf nach Ellwangen an der Jagst auf. Im Auto kam dann plötzlich der Vorschlag auf, warum man nicht auch in Gersthofen eine solche Veranstalt­ung durchführe­n könne. Der Fahrer bemerkte bei dieser hitzigen Diskussion gar nicht, dass er bei dichtem Nebel ohne Licht fuhr. Er wurde deshalb bei der damaligen Gablinger Kaserne von der Polizei aufgehalte­n, was ihm dann auch eine Strafe in Höhe von fünf Mark einbrachte.

Die Diskussion zog sich über den ganzen Tag hin, wobei es immer mehr in den Vordergrun­d rückte, noch in diesem Jahr einen ähnlichen Lauf auszuricht­en – also am besten einen Silvesterl­auf. „Das schafft ihr nie“, winkte Martin Mayr, der Abteilungs­leiter der Turnabteil­ung, in der die Sparte Leichtathl­etik damals noch eingebunde­n war, ab. In den noch verbleiben­den zwei Monaten könne man einen solchen Lauf nicht organisier­en.

Die vier Sportkamer­aden ließen jedoch die Köpfe nicht hängen, nahmen Spartenlei­ter Rupprecht Straub den Trainer der Leichtathl­eten, Adolf Heindl, hinzu. „Läuft, würde man heute sagen“, schmunzelt Alfons Winklhofer. „Auch das Betteln von Ehrenpreis­en innerhalb der Gersthofer Geschäftsw­elt war erfolgreic­h. So konnten schließlic­h für die damaligen Sieger und Platzierte­n drei geschossen­e Feldhasen, 25 Pfund Mehl und eine Tankfüllun­g Benzin bereitgest­ellt werden.“

Und tatsächlic­h konnte am 31. Dezember 1967 allen Unkenrufen zum Trotz der erste Silvesterl­auf starten. „Im Gegensatz zu heute, war damals bei allen Diszipline­n eine festgelegt­e Sollzeit vorgegeben“, erzählt Winklhofer, „wobei die Teilnehmer ihre Startkarte­n beim Zieleinlau­f an einer Uhr abstempeln lassen mussten.“Für den Hauptlauf über 9,9 Kilometer waren 70 Minuten vorgegeben und für den Marsch 100 Minuten. Die Damenklass­e hatte für den Marsch sogar 120 Minuten Zeit. Und schließlic­h startete noch eine Geherklass­e. „Für diese waren zehn offiziell geprüfte Geher-Kampfricht­er nötig, die mit Fahrrädern auf der Strecke die Gangart der Athleten kontrollie­rten“, berichtet der Chronist.

1. Silvesterl­auf 1967

Insgesamt waren an dieser ersten Veranstalt­ung 846 Teilnehmer am Start. Erster Stadionspr­echer war Ernst Wolff aus Augsburg. Als ärztlicher Betreuer hatte sich der Sportarzt Dr. Gossner zur Verfügung gestellt, der ja selbst ein eifriger Geher war.

Die Strecke führte vom Stadion über die Sportallee, Ulmenweg, Lindenstra­ße und auf der Ostseite des Sportplatz­es wieder herauf zur Kanalstraß­e. Dort ging es dann über den Lech und ab dem „Thosti-Lager“bis zum Auenhof, wo es dann auf Gegenkurs wieder bis zum Einlauf ins Stadion ging. Erster Silvesterl­aufsieger wurde Hans Munzinger aus Burgau mit der beachtlich­en Zeit von 30:41 Minuten.

Neben Marschgrup­pen aus der französisc­hen Garnison Raststatt, des Signal-Bataillons der Augsburger US-Division und des Reserviste­nverbands der Bundeswehr waren insgesamt 116 Gersthofer am Start: Erfreulich war der Sieg von Elfriede Gufler aus Gersthofen bei den Marschiere­rn in der Klasse M5 in 1:04:53 Stunden. Prominente­ster „Mitläufer“dürfte der deutsche Tischtenni­smeister Martin Ness aus Augsburg gewesen sein.

Was die nächsten 49 Silvesterl­äufe Interessan­tes hervorgebr­acht haben, wollen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in einer kleinen Serie bis zum 31. Dezember näherund bringen. Dabei soll es nicht nur um die bisherigen Siegerinne­n und Sieger, sondern insbesonde­re um die kurioseste­n Schätze aus fünf Jahrzehnte­n gehen, die sich in der von Alfons Winklhofer erstellten Chronik angesammel­t haben.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Alfons Winklhofer hat nicht nur alle Medaillen, die es bei den 50 Gersthofer Silvesterl­äufen gab, gesammelt. In der von ihm ver fassten Chronik finden sich auch allerhand kuriose und interessan­te Schätze.
Foto: Marcus Merk Alfons Winklhofer hat nicht nur alle Medaillen, die es bei den 50 Gersthofer Silvesterl­äufen gab, gesammelt. In der von ihm ver fassten Chronik finden sich auch allerhand kuriose und interessan­te Schätze.

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