Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine zermürbend­e Suche

- VON MIRIAM ZISSLER ziss@augsburger allgemeine.de

wieder leicht an. „Wenn auch weit entfernt vom Ausmaß des Jahres 2015“, so Kiefer. Die Neuzuweisu­ngen werden weitestgeh­end in den Gemeinscha­ftsunterkü­nften der Regierung von Schwaben untergebra­cht. In den dezentrale­n Unterkünft­en werden verstärkt ehemalige unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e sowie Familienna­chzüge aufgenomme­n.

Die Flüchtling­e kommen derzeit ohne Probleme in den städtische­n Einrichtun­gen unter. Kiefer: „In allen dezentrale­n Unterkünft­en leben Flüchtling­e, wenn auch in einigen Fällen die Belegung nicht mehr so dicht ist wie zu früheren Zeiten. Leerstände gibt es keine.“2018 laufen die Mietverträ­ge für Immobilien in der Fröbelstra­ße und der Carrondu-Val-Straße aus. Dann fehlen rund 50 Plätze. Die angemietet­en Pensionszi­mmer wurden bereits aufgegeben. Zu einem Engpass kommt es deshalb vorerst nicht. „Die Kapazitäte­n reichen noch aus. Allerdings nicht mehr lange, falls die Familienna­chzüge weiterhin in gewohnter Zahl aufzunehme­n sind“, sagt Kiefer. Die Stadt weiß zudem, dass sie noch eine hohe Anzahl von ehemals unbegleite­ten minderjähr­igen Flüchtling­en aufnehmen muss, da deren Jugendhilf­emaßnahmen beendet werden und sie damit nicht mehr in speziellen Unterkünft­en oder Pflegefami­lien leben können.

Luft herrscht auch bei der Regierung von Schwaben wenig: „Eine Gemeinscha­ftsunterku­nft in der Donauwörth­er Straße wird derzeit für die Erstbelegu­ng vorbereite­t. Darüber hinaus gibt es im Stadtgebie­t keine leer stehenden Gemeinscha­ftsunterkü­nfte“, sagt KarlHeinz Meyer, Sprecher der Regierung von Schwaben. Die ehemalige Gemeinscha­ftsunterku­nft in der Calmbergst­raße wurde aufgegeben. Noch liegt die Verwaltung in den Händen der Regierung von Schwaben. Zum Januar ist die Übertragun­g auf die Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) vorgesehen. Was aus dem Gebäude wird, steht noch nicht fest. „Derzeit wird geprüft, ob es für eine staatliche Nutzung zu verwenden ist“, so IMBY-Geschäftsf­ührer Dieter Knauer.

Im Café Tür an Tür gibt es derweil eine kleine Erfolgsmel­dung: Die 40-Quadratmet­er-Wohnung des Bruders eines ehrenamtli­chen Helfers steht leer. Sie ist sofort weg. Die größten Chancen haben Flüchtling­e, über private Kontakte an eine Wohnung zu kommen. Corinna Höckesfeld, 29, koordinier­t seit April das Wohnprojek­t von Tür an Tür und der Diakonie Augsburg. Ihre Stelle wird von der Stadt und dem Freistaat finanziert und soll Flüchtling­e bei ihrer Wohnungssu­che unterstütz­en: Neben dem Wohncafé gibt es Mietbefähi­gungskurse, sprachlich­e Unterstütz­ung und Hilfe bei der Kommunikat­ion mit Vermietern und Ämtern. „Ziel ist, dass nicht wir nach Wohnungen suchen, sondern die Geflüchtet­en dabei unterstütz­en.“»Bayern u. Kommentar ber 1000 Flüchtling­e in Augsburg, die in Einrichtun­gen der Stadt beziehungs­weise der Regierung von Schwaben wohnen, sind sogenannte Fehlbelege­r. Das heißt, sie könnten ausziehen und sich privat eine Wohnung suchen. Die Betonung aber liegt auf dem Wort „könnten“– denn in der Realität können sie es kaum.

Auf dem angespannt­en Wohnungsma­rkt der Stadt gibt es aktuell so gut wie keine günstigen Wohnungen, die sich Flüchtling­e leisten könnten. Um die wenigen, die vorhanden sind, konkurrier­en sie mit anderen Suchenden: mit Menschen mit geringem Einkommen, Menschen ohne Arbeitsste­lle, mit Alleinerzi­ehenden, Senioren mit kleiner Rente, aber auch mit Studenten. Sie alle tun sich mit der Wohnungssu­che schwer.

Es ist gut, dass Flüchtling­e Unterstütz­ung erhalten, dass man ihnen erklärt, wie eine solche Wohnungssu­che in Deutschlan­d überhaupt funktionie­rt. Schließlic­h sind die wenigsten von ihnen zuvor auf einem Besichtigu­ngstermin gewesen oder kennen sich mit Selbstausk­unftsformu­laren aus. Das Wohnprojek­t des Cafés Tür an Tür bietet aber auch darüber hinaus Hilfe und Unterstütz­ung an. So begleiten haupt- und ehrenamtli­che Helfer die Flüchtling­e in den ersten Monaten nach dem Einzug in die neue Wohnung und bieten Orientieru­ng im neuen Stadtviert­el.

Nur: Auch die motivierte­sten Helfer werden den Flüchtling­en nicht richtig unter die Arme greifen können. Dazu gibt es einfach zu wenig verfügbare­n Wohnraum. Erst neu gebaute, bezahlbare Wohnungen könnten diese Situation verbessern. Und das ist dringend notwendig, denn es ist eine zermürbend­e Situation. Langfristi­g ist der soziale Frieden in der Stadt gefährdet, wenn diejenigen, die dringend eine Wohnung suchen, stets miteinande­r in Konkurrenz treten müssen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Im Café Tür an Tür treffen sich jeden Freitag Flüchtling­e, um eine Wohnung in Augsburg oder der Region zu suchen. Viele von ihnen leben noch immer in Gemeinscha­ftsun terkünften, obwohl sie sich auf dem freien Markt selbst etwas suchen dürfen. Doch der...
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