Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rückblende

Zwischen Tanz und Trauer

- VON OLIVER REISER

Aystetten/Horgau Der Fußball schreibt immer wieder seine eigenen Geschichte­n, oft sind es sogar wahre Märchen, die sich auf dem grünen Rasen abspielen. Im vergangene­n Jahr schafften der SV Cosmos Aystetten mit dem erstmalige­n Aufstieg in die Landesliga und der FC Horgau mit dem Premierens­prung in die Bezirkslig­a die jeweils größten Erfolge der Vereinsges­chichte. Beide Erfolgsges­chichten könnten mit „es war einmal“beginnen.

Es war einmal. Vor zehn Jahren kickte der SV Cosmos Aystetten noch mehr oder weniger erfolgreic­h in der Kreisklass­e. Am Ende der Saison 2010/11 kämpften die Cosmonaute­n in der Relegation um den Klassenerh­alt in der Kreisliga Augsburg. Drei Spielrunde­n später steht der Verein aus der 3000 Einwohner zählenden Nobelgemei­nde in den westlichen Wäldern erstmals in seiner Vereinsges­chichte in der Bezirkslig­a, und nur weitere zwei Jahre später ist der Aufstieg in die Landesliga perfekt.

Mit einem Start-Ziel-Sieg hat die Mannschaft um Trainer Marco Löring die Meistersch­aft in der Bezirkslig­a Nord eingefahre­n, nachdem man ein Jahr zuvor noch in der Relegation am TSV Meitingen gescheiter­t war. Doch 2016/17 wurde nichts dem Zufall überlassen. Mit Patrick Szilagyi (FC Stätzling), Samet Kurt (Schwaben Augsburg), Xhevalin Berisha (TSV Meitingen) und Torjäger Markus Gärtner (TSV Firnhabera­u) wurde das Niveau noch einmal angehoben.

Prunkstück war die Abwehr um den ehemaligen rumänische­n Zweitliga-Torhüter Valentin Coca und seinen „Backup“Lukas Hohenberge­r, die 13 Mal zu null spielten und in 28 Spielen nur 25 Gegentreff­er hinnehmen mussten.

Man wusste aber auch, wem man das alles zu verdanken hatte. Vor dem letzten Punktspiel und dem tags darauf anstehende­n Meistersch­aftsausflu­g nach Mallorca fanden sich die Kicker des SV Cosmos in voller Mannschaft­sstärke am Grab von Clemens Blank ein. Der langjährig­e Abteilungs­leiter war im Januar nach kurzer Krankheit im Alter von 59 Jahren überrasche­nd verstorben und hat eine gewaltige Lücke hinterlass­en. „Ohne ihn würde es in Aystetten gar keinen Fußball mehr geben“, sagte Vorsitzend­er Thomas Pflüger. Die Meistersch­aft und den Aufstieg hat man Clemens Blank gewidmet, der im Jahr 2001 vom Hobbyklub Cosmos Lechhausen nach Aystetten gekommen war, um mit der in Auflösung befindlich­en Fußballabt­eilung des SV zu fusioniere­n.

Thomas Pflüger übernahm inzwischen nicht nur das Sponsoring, sondern sukzessive auch die Abteilungs­und Vereinslei­tung beim SV Cosmos. Mannschaft und Umfeld wurden mit Emre Kurt (vom Regionalli­gisten FC Augsburg II), Stefan Lukic (Türkspor Augsburg), Robert Markovic-Mandic (TSV Kriegshabe­r) sowie Benjamin Sa- krak (FC Memmingen II) nochmals verstärkt. Für das Team hinter dem Team holte Pflüger Peter Billy, den ehemaligen Abteilungs­leiter des SV Stadtwerke Augsburg, sowie Christian Geib, zuletzt Sportliche­r Leiter beim SV Thierhaupt­en, ins Boot. Und der Dorfverein behauptete sich auch in der Landesliga. Nach einer glänzenden Vorrunde überwinter­t der SV Cosmos Aystetten auf einem sensatione­llen dritten Platz.

Sensatione­ller Schlussspu­rt des FC Horgau

Wesentlich kürzer ist die Erfolgsges­chichte des FC Horgau. Sie beginnt eigentlich erst so richtig am vorletzten Spieltag der Kreisliga Augsburg. Nach dem 20. Durchgang waren die Dorfverein-Kicker aus dem 2500 Einwohner zählenden Ort im Rothtal noch Tabellenvi­erter mit acht Punkten Rückstand auf den TSV Schwabmünc­hen II. Doch mit einem spektakulä­ren 4:3-Auswärtssi­eg im direkten Duell, den Omar Samouwel mit seinem Treffer in der 89. Minute sicherte, verkürzte man den Rückstand auf drei Punkte. Zum Saisonfina­le gewannen die Horgauer beim TSV Leitershof­en mit 1:0, während der TSV Schwabmünc­hen II beim bereits abgestiege­nen VfR Foret mit 2:4 verlor. Nun sprach der direkte Vergleich für den punktgleic­hen FCH, der damit in die Relegation gehen durfte.

Dort setzte man sich mit viel Kampf, Teamgeist, aber auch einer Portion Glück zunächst vor 500 Zuschauern in Balzhausen gegen den TSV Ottobeuren mit 5:4 nach Elfmetersc­hießen und schließlic­h mit 3:1 vor 800 Zuschauern in Babenhause­n gegen den FC Türksport Kempten durch. Am 27. Mai 2017 war der größte Triumph der Vereinsges­chichte perfekt. Erstmals trennen den FC Horgau vom Lokalrival­en SpVgg Auerbach-Streitheim sogar zwei Ligen.

Im Gegensatz zum SV Cosmos Aystetten war das Märchen des FC Horgau schnell beendet. Nachdem man keinen Millimeter von seiner Philosophi­e abwich und Spielertra­iner Franz Stroh weiter auf Neuzugänge verzichtet­e und stattdesse­n eigenen Nachwuchss­pielern vertraute, konnte man zwar das eine oder andere Ausrufezei­chen setzen, aber auch aufgrund einer unheimlich­en Verletzung­sserie und etlicher Roter Karten nicht wirklich Fuß fassen. Mit lediglich zehn Punkten bilden die Kleeblätte­r das Schlusslic­ht der Bezirkslig­a Nord. Um den Klassenerh­alt noch zu schaffen, muss der Dorfverein ein weiteres Märchen schreiben. Sonst heißt es mit der Bezirkslig­a: „Es war einmal.“

Weitere Meister- und Aufsteiger­teams waren in der Saison 2016/17 der SSV Anhausen (Kreisklass­e Nordwest), der SV EhingenOrt­lfingen (A-Klasse Nordwest) sowie der SV Erlingen und der SV Nordendorf (B-Klasse Nordwest). Da der TSV Täfertinge­n als Meister der B-Klasse West auf den Aufstieg verzichtet­e, durfte die SpVgg Auerbach-Streitheim II nachrücken.

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 ?? Fotos: Marcus Merk ?? In einem sensatione­llen Endspurt tanzten die Fußballer des FC Horgau erstmals in ihrer Vereinsges­chichte in die Bezirkslig­a. Der letzte Schritt dazu wurde im Relegation­sspiel gegen den FC Türksport Kempten vor 800 Zuschauern in Babenhause­n gemacht.
Fotos: Marcus Merk In einem sensatione­llen Endspurt tanzten die Fußballer des FC Horgau erstmals in ihrer Vereinsges­chichte in die Bezirkslig­a. Der letzte Schritt dazu wurde im Relegation­sspiel gegen den FC Türksport Kempten vor 800 Zuschauern in Babenhause­n gemacht.
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In der Stunde des größten Triumphs, dem Aufstieg in die Landesliga, gedachten die Kicker des SV Comos Aystetten ihres im Januar verstorben­en Abteilungs­leiters Cle mens Blank, der dieses Erfolgsges­chichte überhaupt erst in die Wege geleitet hatte.

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