Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Als ein Schnarcher die Predigt unterbrach

Weihnachts­erinnerung­en Geschenke gehören zum Heiligen Abend genauso dazu wie kuriose Begebenhei­ten. Wie eine Puppe einen Hund glücklich machte und ein zerlegtes Spielzeug einen Bub / Serie (2)

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Landkreis Augsburg Weihnachte­n ist für Kinder ein besonderes Fest. Heimlichke­iten und Vorfreude bestimmen diese Zeit. Eine traditione­lle Weihnacht kann aber auch Überraschu­ngen beinhalten. Davon berichtet Reinhold Dempf. Er ist Leiter der jährlichen Nikolaus-Aktion der Kolpingsfa­milie Gersthofen und Dritter Bürgermeis­ter der Stadt. Am Heiligen Abend wurde in seinem Elternhaus zunächst feierlich im Kreis der Familie gegessen, anschließe­nd kamen die Großeltern zur Bescherung. „Zu aller Erheiterun­g sangen dann meine Oma und mein Vater immer die vierte Strophe von ,Stille Nacht, heilige Nacht’“, erzählt Dempf und schmunzelt. „Der Gesang wurde mit dem Tonbandger­ät aufgenomme­n und anschließe­nd abgespielt. Das Gehörte war aber meist so verkehrt, dass man rasch wieder abschaltet­e.“

Anschließe­nd gab es Bockbier aus den von den Uropas vererbten Bierkrügen. So gestärkt ging die Familie in die Christmett­e. „Einmal wurde die Predigt des Pfarrers vom lauten Schnarchen meines Vaters unterbroch­en“, erzählt Dempf. „Meine Mutter war darüber so erzürnt, dass sie in den folgenden Jahren die Mette ohne meinen Vater besuchte. Ich glaube, das war ihm nicht ganz unrecht.“

Die Fernsehmod­eratorin Silvia Laubenbach­er aus Bobingen erinnert sich ebenfalls gern zurück. „Das Weihnachts­fest war für uns Kinder – anfangs meine kleine Schwester Marion und mich, später kam mein Bruder Michael als Nachzügler hinzu – immer sehr aufregend“, sagt sie. „Wir glaubten noch an das Christkind und irgendwie hat es alle unsere Wünsche auch immer sehr ernst genommen und prompt erfüllt.“Einmal erhielt sie eine große Puppe, die sogar eine paar Sätze sprechen konnte. „Das war damals eine Sensation.“Zudem lag unterm Weihnachts­baum eine kleine Puppe zum Kuscheln, die man auch in den Puppenwage­n legen konnte. „Vor allem für unseren Hund, einen kleinen Pekinesen, war das eine Erleichter­ung“, lächelt sie. „Musste er doch jetzt nicht mehr in den Wagen liegen und sich zudecken lassen.“Noch heute liebt sie den Duft der ersten Mandarinen: „Für mich riecht das immer nach Nikolausab­end und Weihnachts­fest.“

Für Silvia Laubenbach­ers Ehemann Percy Hoven sind die Erinnerung­en an den Heiligen Abend vor allem mit Schnee verbunden. Oft verbrachte er Weihnachte­n mit Vater Adrian Hoven – damals ein bekannter Filmstar – und Mutter Joyce in Kitzbühel. „Papa war begeistert­er Skifahrer, die Mama, die aus den Niederland­en stammt, konnte sich mit den Bergen nie recht anfreunden“, erzählt der Schauspiel­er, Fernsehmod­erator, Synchronsp­recher, Maler und Sänger. „Dafür wurde ich von ihr mit dem Schlitten durch den Schnee chauffiert.“Wenn der Vater über die Feiertage einen Film drehte, ging es zu der mütterlich­en Verwandtsc­haft nach Rouen in Frankreich. „Da wurde mit der Großfamili­e und vielen gleichaltr­igen Cousinen und Cousins ausgiebig gefeiert.“Auch heute noch fasziniert Percy Hoven das Weihnachts­fest. „Wenn bei der Christmett­e das Licht in der Kirche erlischt und alle das Te deum singen, bekomme ich immer Gänsehaut und ich weiß: Alles wird gut.“

Für Uwe Seifferer, Rektor der Grund- und Mittelschu­le Thierhaupt­en, war Weihnachte­n in der Kindheit (Ende der Sechziger- bis Mitte der Siebzigerj­ahre) immer ein Fest der Sinneseind­rücke: Der Duft der Plätzchen und der Räucherker­zen; der Christbaum, den sein Vater akribisch ausgesucht hatte; das Strahlen der Kerzen, das von der Pyramide, dem Schwibboge­n und den Lichtereng­eln ausging. „Natürlich gehörte auch das Gefühl der Spannung und der Vorfreude auf Geschenke dazu“, gesteht er. Dabei legten seine Eltern immer größten Wert darauf, zu vermitteln, dass Geschenke an Weihnachte­n wichtig seien und dazu gehören. „Aber auch, dass das größte Geschenk an Weihnachte­n heißt: Gottes Sohn ist Mensch geworden“, betont Seifferer.

Die Tür zum Wohnzimmer war zugesperrt, denn das Christkind durfte bei der Arbeit nicht gestört werden. Erst als ein Glöckchen klingelte, durfte Klein-Uwe den Raum betreten. „Im Mittelpunk­t stand dort der glitzernde Christbaum, und ja: Früher war mehr Lametta, wie auch Loriot wusste.“Natürlich waren dann die Geschenke an der Reihe. „Da ich schon immer ein neugierige­r Mensch war, dem es nicht ausreichte, dass etwas funktionie­rt, sondern immer auch wissen wollte, wie etwas funktionie­rt, waren technische Spielzeuge ein gefundenes Fressen für mich“, erzählt Seifferer. Übrigens: Innerhalb kürzester Zeit hatte er Werkzeug gefunden, mit dem er alles fein säuberlich zerlegte, um die Funktionsw­eise herauszufi­nden. „Beim Zusammenba­u war ich dann meistens viel ökonomisch­er als die ursprüngli­chen Hersteller: So viele Schrauben wie die habe ich selten gebraucht.“

 ?? Fotos: Privatarch­ive ?? Für Silvia Laubenbach­er aus Bobingen gab es bei einer Bescherung auch eine Puppe zum Kuscheln. Darüber freute sich vor allem ihr kleiner Hund.
Fotos: Privatarch­ive Für Silvia Laubenbach­er aus Bobingen gab es bei einer Bescherung auch eine Puppe zum Kuscheln. Darüber freute sich vor allem ihr kleiner Hund.
 ??  ?? Reinhold Dempf aus Gersthofen vor dem geschmückt­en Christbaum.
Reinhold Dempf aus Gersthofen vor dem geschmückt­en Christbaum.

Newspapers in German

Newspapers from Germany