Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Arzt ließ Patient zu lange leiden

Mediziner muss Schmerzens­geld zahlen

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München Weil er einen unheilbar kranken Mann im Endstadium der Demenz immer weiter künstlich am Leben erhielt, soll ein Arzt Schmerzens­geld zahlen. Das Oberlandes­gericht München sprach dem Sohn als Alleinerbe­n am Donnerstag 40000 Euro zu. Er hatte Schmerzens­geld in Höhe von 100000 Euro und Schadeners­atz für Behandlung­skosten in Höhe von gut 50 000 Euro gefordert.

Der Arzt habe seinen todkranken Vater ohne ausführlic­he Beratung mit dem Betreuer am Leben erhalten. Die künstliche Ernährung habe das schwere Leiden seines Vaters nur verlängert. Der Vater war von 2006 an per Magensonde ernährt worden und 2011 gestorben. Spätestens ein Jahr vor seinem Tod sei die Sonde nicht mehr fachärztli­ch angemessen gewesen, hatte der Sohn argumentie­rt. Der Arzt habe hier seine Pflicht verletzt. Er hätte die Fortsetzun­g der Sondenernä­hrung bei dem dementen Mann oder deren Beendigung mit der Folge eines baldigen Todes besonders gründlich mit dem Betreuer erörtern müssen. Dies sei nicht geschehen.

Das Oberlandes­gericht kam zu dem Schluss, die aus dieser Pflichtver­letzung resultiere­nde Lebensverl­ängerung des Patienten könne einen Schaden im Rechtssinn darstellen. Das Landgerich­t München I hatte zuvor die Klage abgewiesen. Es sah zwar ebenfalls eine Pflichtver­letzung des Arztes, leitete daraus aber keinen Anspruch auf Schmerzens­geld und Schadeners­atz ab. „Der tragische Fall macht deutlich, wie wichtig eine praxistaug­liche Patientenv­erfügung ist“, sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz. „Das hätte Leid erspart und den Prozess überflüssi­g gemacht.“

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