Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Damit der Wurm nicht drinsteckt

Restaurier­ung Andrea Funck ist die neue Direktorin des Münchner Doerner Instituts. Sie hat sich um den Erhalt von nicht weniger als 25 000 Kunstwerke­n in ganz Bayern zu kümmern

- VON CHRISTA SIGG

München Was verbirgt sich unter der Farbe? Wie setzt sie sich zusammen? Und was bedeutet es, wenn eine Tube Zinkweiß Spuren von Titanweiß enthält? Im letzten Fall ist das ganz einfach: Dann fliegt der Fälscher auf. Die Rede ist von Wolfgang Beltracchi, der vor fünfzehn Jahren Heinrich Campendonk­s „verscholle­nes“Meisterwer­k „Rotes Bild mit Pferden“aus dem Hut gezaubert hatte. Die Geschichte wurde hinreichen­d ausgebreit­et. Weniger bekannt ist dagegen die Arbeit der Pigment-Detektive, also der Restaurato­ren. Und das will Andrea Funck nun ändern.

Der neuen Direktorin des Münchner Doerner Instituts geht es dabei weniger um die spektakulä­ren Fälle, der Einsatz ihrer 50 Mitarbeite­r ist auch so Gold wert. Denn das Konservier­en und Restaurier­en von Gemälden gehört mit zu den wichtigste­n Aufgaben hinter den Museumskul­issen. Anders wäre die Freude an so Herausrage­ndem wie Albrecht Dürers um 1500 entstanden­em und inzwischen sehr fragilem Selbstbild­nis in der Alten Pinakothek nur mehr von kurzer Dauer. Und auch die kunsthisto­rische Forschung an den Bayerische­n Staatsgemä­ldesammlun­gen erfährt durch das hauseigene Doerner Institut oftmals ganz entscheide­nde Impulse. Jüngstes Beispiel ist Sandro Botticelli­s „Beweinung Christi“, ein Gemälde, das durch die Entfernung von Übermalung­en und Firnisschi­chten wieder in etwa so leuchtet wie vor 500 Jahren.

Die Aufgaben ihrer Werkstätte­n und Ateliers haben also Potenzial für eine breitere Öffentlich­keit, findet Funck. Praktische­rweise hat die gelernte Holzbildha­uerin und studierte Restaurato­rin und Kulturmana­gerin über die „Restaurier­ung als Vermittlun­gsthema an Museen“promoviert. Gleichwohl ist die Beobachtun­g nicht ganz neu, dass das „Drunter und Drüber“einer Malerei auf beträchtli­ches Interesse bei den Museumsbes­uchern stößt. Die gleichnami­ge Ausstellun­g von Martin Schawe und Funck-Vorgänger Andreas Burmester zog vor sechs Jahren viel und vor allem auch neues Publikum in die Alte Pinakothek.

Nach Stationen am Deutschen Museum und am Landesmuse­um Württember­g in Stuttgart ist Funck nun für den Erhalt von immerhin 25000 Werken in ganz Bayern zuständig. Denn neben den Münchner Pinakothek­en gehören genauso die Zweiggaler­ien von Augsburg bis Würzburg zu ihrem Bereich. Und die Herausford­erungen werden größer und komplexer, meint die 41-jährige Münchnerin. Nicht zuletzt hat der gute alte Holzwurm Verstärkun­g bekommen, denn durch den Klimawande­l tauchen auch neue Schädlinge auf.

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Foto: Jens Wagner/DI Eine der Mitarbeite­rinnen des Doerner Instituts während der Arbeit an Sandro Botti cellis „Beweinung Christi“.
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Andrea Funck

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