Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vergessen in der Evakuierun­gszone

Transport Sieglinde und Vassilios Bissiris warteten vergeblich auf den Krankentra­nsport. Ein Hilfeschre­i befreite sie aus ihrer Lage

- VON MIRIAM ZISSLER

Über der Couch von Sieglinde und Vassilios Bissiris hängt ein kleines eingerahmt­es Bild. Es ist ein Foto, das in unserer Zeitung abgedruckt war und die Rentnerin in einem Feuerwehra­uto zeigt. Es ist ein Tag, den die 83-Jährige nie vergessen wird: Es war der Tag, als in Augsburg Ausnahmezu­stand herrschte, am ersten Weihnachts­feiertag eine der größten Evakuierun­gen in Deutschlan­d seit Kriegsende im vollen Gange war.

Sie und ihr Mann waren unter den letzten Personen, die die Zone verließen, und das vollkommen unbeabsich­tigt. Denn eigentlich wartete die 83-Jährige schon voller Sorge auf den Krankentra­nsport, der ihren gehbehinde­rten Mann, 85, und sie zu ihrer Schwester nach Diedorf bringen sollte. „Meine Schwester hat das organisier­t. Da muss etwas mit den Telefonnum­mern schiefgela­ufen sein“, erzählt sie. Zwischen 8 und 8.30 Uhr wollte der Krankentra­nsport vorfahren, doch niemand klingelte an dem Haus in der Jakoberwal­lstraße.

Nur 100 Meter wohnt das Ehepaar von der Fundstelle der Augsburger Weihnachts­bombe entfernt. Bis auf die Bissiris war zu dem Zeitpunkt niemand mehr im Gebäude: Die Nachbarn waren außer Haus, das Telefon war abgeschalt­et. Sieglinde Bissiris konnte niemanden anrufen und wartete nervös auf ihrem Balkon. Eine Gruppe von Journalist­en durfte nach der Evakuierun­g gegen 9.30 Uhr noch einmal zur Fundstelle, bevor auch sie die Evakuierun­gszone verlassen musste.

Sieglinde Bissiris nutzte ihre Chance. „Hilfe“, rief sie von ihrem Balkon im ersten Stock. Diese war auch prompt zur Stelle. Die Feuerwehr brachte sie erst einmal zur Hauptwache in der Berliner Allee. Von dort aus holte das Rote Kreuz die Bissiris ab und brachte sie schließlic­h zur Schwester nach Diedorf. „Als wir am Plärrer vorbeifuhr­en, witzelte mein Mann, dass es schade sei, dass gar kein Plärrer sei. Sonst hätten wir auch dahin gehen können“, erzählt sie. Bei ihrer Schwester erlebten sie so einen unterhalts­amen Tag. In diesem Jahr freut sich das Paar aber auf Weihnachte­n zu Hause.

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Fotos: Wyszengrad Sieglinde und Vassilios Bissiris wohnen seit 33 Jahren in ihrer Wohnung in der Ja koberwalls­traße – nur 100 Meter vom Fundort der Bombe entfernt.
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Beim Rundgang der Medien wurde Sieg linde Bissiris entdeckt.

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