Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Winter freut sich über den Winter
Wintersport Landkreis-Skivereine sind vom frühen Schneefall und den idealen Verhältnissen begeistert, blicken auf Trends – aber auch über den Pistenrand hinaus
Landkreis Gute Nachrichten für alle Wintersportfreunde: Der Schnee in den Skigebieten kam heuer früh, die Saison ist eröffnet. Ab auf die Piste! Getrübt wird die Freude aktuell durch die Nachricht vom tödlichen Sturz des deutschen NachwuchsAbfahrers Max Burkhart. Die Diskussionen um das Skigebiet Riedberger Horn oder die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang – Stichworte weltpolitische Lage und Doping – sind kontrovers. Wir haben uns bei einigen Skiclubs des Landkreises umgehört, wie sie in den neuen Winter starten und was dieser für sie bringt.
Beim Skifahren ist vor allem eines besonders wichtig: Das passende Wetter. Das ließ in den letzten Jahren sehr zu wünschen übrig. Doch diesmal ist sogar Winter mit dem Winter zufrieden. „Es gibt heuer so viel Schnee, wie schon lange nicht mehr“, sagt Ernst Winter über die weiße Pracht, die man in den letzten Jahren schmerzlich vermisst hat. Ob es an den guten Bedingungen liegt, dass das Interesse an den Skikursen der knapp 450 Mitglieder starken Abteilung so groß ist? Derzeit laufen beim Leiter der Abteilung Alpin des TSV Gersthofen und Skischul-Chef Max Alt Überlegungen, statt der üblichen zwei noch einen dritten Omnibus einzusetzen, der die Alpinisten nach Ehrwald, Lermoos oder Berwang bringt.
Wie der TSV Gersthofen, der ein Haus in Rinnen hat, befindet sich auch die „Homebase“der DJK Leitershofen in einem Haus am Rast- zwischen Berwang und Rinnen in Tirol. „Vergangenes Jahr lag zwischen dem 26. und 30. Dezember keine Flöckchen Naturschnee“, erinnert sich Sportwart Sebastian Bernhart. „Ich gehe mal schwer davon aus, dass es an der Klimaerwärmung liegt – obwohl wir das natürlich nicht wahrhaben wollen.“Aktuell herrschen sensationelle Verhältnisse. „Einheimische sprechen vom besten Winter seit 15 Jahren“, freut sich der DSV-Instructor und C-Trainer Leistungssport, dass die rund 1100 Mitglieder der DJK vor Ort trainieren und fahren können. „Da werden einige ihre Weihnachtsgeschenke ausprobieren.“
Das 40- bis 45-köpfige Rennteam trainiert bereits seit 1. Oktober auf dem Pitztaler Gletscher. Ab 6. Januar geht es bei den Rennen zum Ziemerund Schöffel-Kids-Cup an den Start. Rund 300 bis 400 Skifahrer werden in den Skikursen der DJK bewegt. Es gibt aber auch ander Angebote wie zum Beispiel Schneeschuhwandern, das sich großer Beliebtheit erfreut. Ganz oben steht in diesem Jahr das Tourengehen. „Selbst bei der Jugend geht der Trend zum Alleinsein und Erlebnis in der unberührten Natur“, berichtet Sebastian Bernhart, dass die Zahl der lässigen Snowboarder rückläufig sei. Dafür stehe Freerieden im Tiefschnee abseits der Pisten hoch im Kurs. „Viele wollen sich die überfüllten Abfahrten nicht mehr mit den Mengen an anderen Skifahrern teilen.“
Als 2. Vorsitzende des Ski- und Wandervereins Fischach und AlpinÜbungsleiterin beim TSV Gerstho- fen ist Jil Metzger gleich doppelt aktiv. Rund 680 Mitglieder sind in dem reinen Skiverein aktiv. Auch die Fischacher haben ein Haus in Rinnen, das nach einem Umbau rechtzeitig zum ersten Skikurs am 27. Dezember fertig werden soll. Zum Einfahren waren die SVWSkifahrer am Kronplatz.
Jil Metzger blickt recht kritisch auf die jüngsten Entwicklungen im Wintersport: „Ich bin sehr froh, dass es heuer schneit und man nicht so viel Wasser verschwenden muss“, hat sie gerade mit der künstlichen Beschneiung der Pisten ein persönliches Problem: „Das ist ein Eingriff in die Natur. Wasser wird vergeudet, während in anderen Ländern Kinder verdursten.“Jeder müsse für sich selbst entscheiden, ob er diesen Weg mitgehen will. Nach ihren Beobachtungen sei das Interesse am Wintersport insgesamt rückläufig. „Es ist teuer und zeitintensiv“, fragt sich die zweifache Mutter, warum in letzter Zeit einige Sportgeschäfte geschlossen hätten.
Besonders interessant wird es für die Wintersportenthusiasten, wenn es diesen Februar bei Olympia um die Medaillen geht. Das Für und Wider dieser Veranstaltung in Südkorea wird zuweilen auch hitzig diskutiert. „Aus politischer Sicht finde ich Südkorea ungeeignet“, meint Jill Metzger, „bei Olympia sollte eigentlich internationaler Zusammenhalt demonstriert werden.“Auch durch Dopingfälle wie am Beispiel Russland gehe der Sinn verloren. Ernst Winter will sich an dieser Diskussion nicht beteiligen. Er sei am „Profisport“grundsätzlich nicht inkopf teressiert. „Ich schaue doch in meiner Freizeit nicht anderen Leuten beim Arbeiten zu“, sagt er, „in dieser Zeit mache ich lieber selber etwas.“
Schneeschuhwandern zum Beispiel, das er ebenso als Trend ausgemacht hat, wie das Skifahren abseits der großen Pisten. „Aber es muss natürlich alles im Einklang mit der Ökologie stehen.“Aber da gibt es auch noch eine andere Kontroverse: Die geplante Skischaukel am Riedberger Horn. Vor allem Naturschützer beklagen, dass die Bayerische Staatsregierung dem Bauprojekt ein Naturschutzgebiet opfert. Einige finden, dass – vor allem mit Blick auf die Konkurrenzfähigkeit deutscher Skigebiete – diese Entscheidung zehn Jahre zu spät komme. „Von beiden Seiten wird nicht sachlich diskutiert“, glaubt Ernst Winter, „mit mehr Vernunft hätte man da Vieles regeln können.“
Alles in allem zählen für die Wintersportler jetzt aber vor allem die Schneelage. Denn egal, ob im Allgäu, in Österreich oder Südtirol – es heißt: Bretter unter die Füße, abfahren und Einkehrschwung in Richtung Kaiserschmarrn! Und wie steht es um die Wintersportmöglichkeiten im Landkreis? Zwar gibt die Typografie durchaus einige Hügel her, doch die Lage zwischen 450 und 600 Höhenmetern verhindert, dass der Schnee dauerhaft liegen bleibt. Für einige Tage Betrieb am kleinen Schlepplift in Aretsried oder die eine oder andere gespurte Loipe hat es noch nicht gereicht. Aber was ja nicht ist, kann ja noch werden. Ski heil!