Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wut der Pendler ist verständli­ch

- VON MARKUS SCHWER wer@augsburger allgemeine.de

sche Regiobahn ihre Angebote abgeben können. Wie berichtet hatte der Fahrgastve­rband Pro Bahn im Sommer in einer von 6200 Fahrgästen unterschri­ebenen Petition Verbesseru­ngen beim Taktangebo­t, der Pünktlichk­eit und der Ausstattun­g der Züge gefordert. Zumindest ein Teil der Forderunge­n setzt die BEG nun auch um.

Um eine höhere Pünktlichk­eit zu erreichen, gibt der Freistaat vor, dass aus Augsburg kommende Züge in München und Dinkelsche­rben laut Fahrplan mindestens 20 bzw. 16 Minuten Zeit zum Wenden haben. So wird ein Zeitpuffer geschaffen, der verhindert, dass sich eine Verspätung am Morgen den ganzen Tag durch den Fahrplan zieht. Mit diesem Problem hat die DB aktuell zu kämpfen.

Kritik kommt von Pro-Bahn- Sprecher Jörg Lange aber an der Sitzplatzk­apazität. Vorgesehen sind laut Ausschreib­ung Ausweitung­en von zwölf bis 15 Prozent in den Hauptverke­hrszeiten auf der Strecke nach München. Hier sind die Züge seit Jahren voll. Der Zuwachs höre sich nach viel an, aber man müsse auch berücksich­tigen, dass es Bevölkerun­gszuwachs gebe, so Lange. Dies relativier­e die Zahl. Darüber hinaus bezweifelt Pro Bahn, dass die von der BEG gewünschte Bestuhlung in den Zügen mit bis zu fünf Sitzen pro Reihe und Tischen in gegenüberl­iegenden Sitzgruppe­n sinnvoll ist. „Das ist nur auf dem Papier eine deutlich erhöhte Sitzplatza­nzahl, die aufgrund der Anforderun­gen auf dieser Hauptverke­hrsachse nicht ausnutzbar sein wird“, so Lange. Vom „großen Wurf“sei man weit entfernt.

Es gibt aber trotzdem Verbesseru­ngen: So hat der Freistaat angekündig­t, samstags einen ganztägige­n Halbstunde­ntakt nach Dinkelsche­rben und Aichach zu prüfen. Es hängt aber davon ab, was die Bieter im Wettbewerb­sverfahren verlangen werden. Verstärkt werden auch einzelne Züge auf der Paartalbah­n Richtung Aichach/Ingolstadt.

In der Ausschreib­ung ist auch ein Betriebsko­nzept für die Staudenbah­n enthalten (sie zweigt in Gessertsha­usen von der Hauptstrec­ke ab und führt nach Markt Wald). Hier wird es ab 2021 einen regelmäßig­en Linienbetr­ieb bis Langenneuf­nach mit mindestens einer Fahrt pro Stunde geben. Im Berufsund Schülerver­kehr sind durchgehen­de Fahrten nach Augsburg vorgesehen, ansonsten müssen Pendler in Gessertsha­usen umsteigen.

Ab 2023 sollen auch auf der „Stammstrec­ke“zwischen Augsburg-Oberhausen und AugsburgHo­chzoll deutlich mehr Züge fahren können. Damit könnte die Bahn im Stadtverke­hr einen höheren Stellenwer­t bekommen. Denn für die sechs Kilometer lange Strecke zwischen den Stadtteilb­ahnhöfen im Westen und Osten mit den Zwischenha­lten Hauptbahnh­of und Haunstette­r Straße braucht der Zug im günstigste­n Fall nur unschlagba­re zehn Minuten. Bisher fahren der FuggerExpr­ess und die Züge von der Ammersee-Bahn auf der Stammstrec­ke in ganzer Länge. Wenn bis 2023 ein Wendegleis in Oberhausen errichtet ist, sollen auch die Züge von und nach Friedberg, die tagsüber im Viertelstu­ndentakt fahren, nach Oberhausen durchgebun­den werden. »Kommentar

Wie lange schon wird über den Ausbau der Bahnlinie Ulm– Augsburg diskutiert? Zehn Jahre? 20 oder gar 30 Jahre? Vielleicht sogar noch länger. Egal. Viel schlimmer ist, dass es jetzt wohl so kommt, wie es kommen musste: Von Paris brausen die TGV mit über 300 km/h heran, mit Tempo 250 geht es via Stuttgart 21 über die Alb bis Ulm – und dann im Bummeltemp­o 120 weiter bis Augsburg. Unfassbar! Bis heute gibt es keinen fertigen Plan zum Ausbau dieses kurvenschl­ängelnden Flaschenha­lses. Und das, obwohl es sich um das wichtigste Schienenpr­ojekt Schwabens handelt. Wie konnte das passieren? Wo waren die Bayerische Staatsregi­erung, die heimischen Abgeordnet­en in Bund und Land? Einzig die IHK-Wirtschaft­skammer wies immer wieder auf das drohende Problem hin – als einsame Rufer in der Wüste. So wurde die ausgerufen­e „Metropole Augsburg“erst von den Nord-SüdVerbind­ungen via Nürnberg ausgestoch­en und kommt jetzt auf Jahre hinaus auch auf der europäisch­en Ost-West-Magistrale nur im Schneckent­empo voran.

Noch schlimmer aber ist, dass all das die treuesten Bahn-Kunden ausbaden müssen: die Pendler. Denn nicht mal ein drittes Gleis bis Dinkelsche­rben ist geplant und finanziert. Die Wut über solche Versäumnis­se der (Verkehrs-)Politik ist verständli­ch.

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Foto: Marcus Merk Fernverkeh­r schlägt Nahverkehr – das kommt in einigen Jahren auf die Pendler vor allem westlich von Augsburg zu. Während mit der Fertigstel­lung von Stuttgart 21 das Fern verkehrsan­gebot verbessert wird, werden Pendlerzüg­e wohl des Öfteren in den...
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