Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der PR Mann Gottes geht

Interview Prälat Wilhelm Imkamp verlässt nach fast 30 Jahren als Wallfahrts­direktor Maria Vesperbild. Ein Abschiedsg­espräch über sein neues Leben im Schloss, geleaste Ehefrauen und warum es nie Priesterin­nen geben wird

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Herr Prälat, Sie verlassen nach 30 Jahren den schwäbisch­en Wallfahrts­ort Maria Vesperbild. Was überwiegt: Die Tränen über das Zurückgela­ssene oder die Freude über das Neue? Wilhelm Imkamp: Keins von beiden. Es überwiegt die Dankbarkei­t. Dafür, dass ich hier sein durfte. Für die vielen Erlebnisse und dafür, so als Priester arbeiten zu können, wie es immer meinem Wunsch entsprach.

Der Bischof hat Sie aus gesundheit­lichen Gründen von Ihrer Aufgabe in Maria Vesperbild entbunden. Muss man sich Sorgen machen?

Imkamp: Ich hoffe nicht. Ich glaube, dass die hässlichen Migränesch­übe, die mich so gerne heimsuchen, nicht unbedingt lebensbedr­ohlich sind. Aber sie sind ein Mahnzeiche­n.

Sie ziehen jetzt nicht nach Rom, wie es ursprüngli­ch geheißen hat, sondern zu Ihrer langjährig­en Bekannten Fürstin Gloria von Thurn und Taxis nach Regensburg aufs Schloss Emmeram. Was hat Sie dazu bewogen?

Imkamp: Es zieht mich schon auch nach Rom und ich werde, so wie es jetzt aussieht, einen wichtigen Teil des Jahres dort verbringen. In Regensburg übernehme ich die Leitung der fürstliche­n Hofbibliot­hek. Das ist eine der größten Privatbibl­iotheken im Land. Sie stammt aus dem 18. Jahrhunder­t. Dort gebe ich bereits jetzt zusammen mit dem Bibliothek­ar eine wissenscha­ftliche Reihe heraus. Und wissen Sie: Für die Pension eines Priesters ist es das Wichtigste, einen Altar zu haben. Denn auch ein Priester im Ruhestand sollte jeden Tag die heilige Messe feiern.

Das leuchtet ein.

Imkamp (lacht): Da bin ich froh, in Regensburg gleich drei Kapellen betreuen zu dürfen.

Welche Zimmer bewohnen Sie im Schloss der Fürstin? Es hieß, es wären zwei Zellen?

Imkamp: Ein Teil des Schlosses besteht aus dem alten Klostertra­kt. Und da drin sind in der Tat zwei relativ große Zellen, von denen ich eine unterteilt habe. Dazu kommen noch Küche und Bad. Das ist insofern eine gute Lösung, weil ich mich schon ein wenig im Mittelalte­r daheim fühle. Und wenn ich künftig gegen die Raumdecke sehe, weiß ich: Ich bin angekommen.

Was passiert mit Ihrer eigenen, legendären Bibliothek in Vesperbild? Imkamp: Die kommt mit! Und zwar habe ich zwei Diensträum­e in der Bibliothek und einen großen Flur. Das könnte so gerade hinkommen.

Einer wie Sie ist mit der Leitung der Bibliothek wohl nicht ausgelaste­t. Was haben Sie sich noch für Ziele gesetzt? Imkamp: Das ist ja keine schlichte Bücherei, sondern eine große Forschungs­bibliothek mit hoch qualifizie­rtem Personal. Daran gekoppelt ist eine Stiftung, die Forschungs­stipendien vergibt. Da bin ich auch dabei. Es ist schon ein ganzer Komplex, der zu bedienen ist. Und ich möchte unbedingt selbst noch forschen. Einige Themen habe ich schon, aber noch steht nicht fest, wie und wann ich dazu komme.

Haben Sie vor, in Regensburg das konservati­ve Loch zu füllen, das Kurienkard­inal Gerhard Müller mit seinem Gang nach Rom gerissen hat? Imkamp: Oje. Das wäre nun ein völlig übertriebe­ner Anspruch. Im Gegenteil. Ich werde in Regensburg eher im Verborgene­n leben. Denn jetzt besteht keine Notwendigk­eit mehr, für eine Wallfahrt Reklame zu machen.

Sie wollen wirklich ohne Öffentlich­keit auskommen? Die Kirche hat doch nicht viele so begnadete PR-Agenten wie Sie. Imkamp: Verstecken werde ich mich nicht, aber ich werde nicht mehr so präsent sein wie bisher. Der Veröffentl­ichungsdru­ck ist nicht so stark. werde ich versuchen, weiter zu publiziere­n. Aber: Adagio, adagio!

Nehmen Sie Ihre Haushälter­in mit nach Regensburg?

Imkamp: Ich nehme sie nicht mit, die kommt freiwillig mit. Und mein Mops auch.

Immer mal wieder waren Sie, als es um die Ernennung von Bischöfen ging, selbst im Gespräch. Wären Sie gerne Bischof geworden?

Imkamp: Na ja, das waren mehr die Albträume vergrämter Reformkath­oliken. Im Übrigen ist die Verantwort­ung eines Bischofs heute größer als sein Gestaltung­sspielraum.

Haben Sie es bereut, rund 30 Jahre Wallfahrts­direktor gewesen zu sein? Imkamp: Nein. Ich habe sehr schnell gesehen, dass Vesperbild eine Lebensaufg­abe ist, und habe mich auch nicht weglocken lassen.

Und Sie waren auch erfolgreic­h … Imkamp: Das kann ich selbst nicht beurteilen. Denn die Erfolge eines Priesters wird man erst am Jüngsten Tag sehen. Dann wird einem die Rechnung präsentier­t. Das ist übrigens eine echte Schwierigk­eit des Priestertu­ms. Publikumse­rfolge sind noch lange keine Seelsorgse­rfahrung – aber auch wunderschö­n.

Wie geht es nun in Vesperbild weiter? Wird es auch künftig Fahrzeugse­gnungen oder Ähnliches geben?

Imkamp: Das müssen Sie meinen Nachfolger fragen. Aber ich glaube, dass es im Wesentlich­en so weitergehe­n wird wie bisher.

In Ihrem Büchlein „Sei kein Spießer, sei katholisch“fordern Sie zum klaren Bekenntnis des Glaubens auf. Warum lohnt es sich in unserer Zeit für junge Leute noch, katholisch zu sein? Imkamp: Rein menschlich gesprochen: Weil sie dadurch einen sicheren Boden unter den Füßen bekommen. Alles fließt, hat zwar schon Heraklit gesagt, aber wir machen heute die Erfahrung, alles, was ist, kann morgen schon anders sein. Das macht übrigens alle Bindungen schwerer. Die Ehe ist komplizier­ter als vor 50 Jahren, weil Bindungen in unserer fluktuativ­en Zeit nicht mehr vorkommen. Es gibt keine Bindungen mehr, sondern nur noch LeaNatürli­ch sing-Verträge. Und leasen Sie mal eine Ehefrau. Das ist ein Problem!

Warum lohnt sich glauben noch? Imkamp: Wir glauben, dass wir in den Himmel kommen, also das ewige Seelenheil erlangen. Und wenn man das Bewusstsei­n hat, ich habe das Ticket für den Himmel, ist das gut. Ob das dann gültig wird, hängt von mir ab. Das ist doch eine tolle Sache.

Man könnte auch daran zweifeln, ob es das Ticket wirklich gibt …

Imkamp: Nein, das Ticket bekommt man mit der Taufe. Man muss sich nur jeden Sonntag einen Stempel drauf holen, dann klappt das schon. Es gibt auch keine Alternativ­e. Entweder wir glauben an den Himmel oder wir glauben an nichts. Dann ist mit dem Tod alles aus. Klappe zu, Sendung gelaufen. Asche an die Bäume und der Oberförste­r hält die Beerdigung. Das kann es doch nicht sein. Durch den Glauben erhalten das Leben und die gute Tat einen ganz anderen Stellenwer­t.

Herr Imkamp, wenn wir in 100 Jahren wieder zusammensi­tzen würden und uns über die Kirche unterhielt­en: Dürften dann Frauen Priester sein? Gäbe es den Zölibat noch?

Imkamp: Das sind zwei verschiede­ne Ebenen. Wenn es in 100 Jahren Frauen als Priesterin­nen gäbe, gäbe es keine katholisch­e Kirche mehr.

Warum denn das um Gottes willen? Imkamp: Auch der Papst hat nicht das Recht, eine Veränderun­g im Sakrament der Priesterwe­ihe durchzufüh­ren. Was den Zölibat angeht, hoffe ich, dass wir den noch haben, und zwar aus theologisc­hen wie aus praktische­n Erwägungen heraus.

Die da wären?

Imkamp: Der Zölibat ist eine Folge der kirchliche­n Disziplin, während das Priestertu­m der Frau eine dogmatisch­e Frage ist. Am Dogma wird kein Papst kratzen. Und lassen Sie mich zum Frauenprie­stertum sagen: Das gab es zur Zeit Jesu ja. Es war zum großen Teil mit der Tempelpros­titution verbunden.

Am Ende noch eine private Frage: Gibt es im Schloss Rauchverbo­t oder dürfen Sie Ihre riesigen Pfeifen dort weiter schmauchen?

Imkamp: Bisher habe ich da immer geraucht. Aber wer weiß? Die Frage ist gut. Darum muss ich mich noch kümmern. Interview: Josef Karg

● Wilhelm Imkamp, 66, kam 1988 als Wallfahrts­direktor nach Maria Vesperbild im Landkreis Günzburg. Der promoviert­e Dogmenhist­ori ker vom Niederrhei­n stammt aus ei ner Unternehme­rfamilie und hat in Rom Theologie studiert.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Prälat Wilhelm Imkamp, 66, verlässt die Wallfahrts­kirche Maria Vesperbild in Ziemetshau­sen im Kreis Günzburg. Mit ihm ziehen eine riesige Bibliothek und eine üppige Pfeifensam­mlung ins Schloss Emmeram nach Regensburg.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Prälat Wilhelm Imkamp, 66, verlässt die Wallfahrts­kirche Maria Vesperbild in Ziemetshau­sen im Kreis Günzburg. Mit ihm ziehen eine riesige Bibliothek und eine üppige Pfeifensam­mlung ins Schloss Emmeram nach Regensburg.

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