Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Salsa in der Lederhose
Konzert Karibische Feierlaune trifft auf bayerische Gemütlichkeit: Wie die „CubaBoarischen“die Gersthofer Stadthalle zum Kochen bringen und warum die grenzüberschreitende Stilmischung aufgeht
Gersthofen Was haben karibische Inselrhythmen und bayerische Folkloreklänge aus dem Unterallgäu gemeinsam? Sicherlich nicht viel, sofern nicht die „CubaBoarischen“eine solch ungewöhnliche Liaison in Angriff nehmen. Dieser extravaganten Combo ist es in der Gersthofer Stadthalle mit meisterhafter Raffinesse gelungen, heimatliche Bläserklänge der romantischen Bergwelt mit kubanischen Klängen voller ungezügelter Lebensfreude zu verbinden und damit einen randvollen Konzertsaal in begeisterte Feierlaune zu versetzen.
Der Auftakt des innovativen wie auch spaßigen Abends gebührte zunächst jedoch den Grassauer Bläsern, die mit einem feierlich-gediegenen Stück eine nachweihnachtliche Stimmung auf die Bühne zauberten. Doch als schließlich die feschen Herren der CubaBoarischen den Saal betraten, wurde schnell eine Brücke geschlagen in ein neues Jahr und gleichermaßen in eine andere Welt, die in erster Linie von Spannung, Spaß und ausladenden Hüftschwüngen geprägt zu sein scheint: Mit fetzigen Klezmerklängen, ansteckenden Cha-Cha-ChaRhythmen und karibischer Lebensfreude wurden die eleganten Engelsfanfaren auf ungewöhnliche Weise aufgepeppt und traditionelle G’stanzln mittels exotischer Instrumente zu einem Ausdruck unverfälschter Lebensfreude umgewandelt. Und dieses Konzept der grenzüberschreitenden Stilmixtur ging rundum auf, wie man unschwer an den begeisterten Reaktionen des Publikums erkennen konnte.
Alphornbläser, die mitten in der Halle wie aus dem Nichts erschienen, ließen erhabene Zwiegespräche mit den Posaunen auf der Bühne erklingen, bayerische Landler verschmolzen mit lateinamerikanischem Lebensgefühl zu einem ganz neuen Musikerlebnis, welches irgendwann auch den letzten Besucher in den Bann zog. Und die „CubaBoarischen“verstanden es darüber hinaus beispiellos, heimatlich gefärbte Inhalte nicht in einem verklärenden Stimmungsbild zu belassen, sondern diese stattdessen in einen nachdenklich stimmenden Kon- zu bringen – so ging es in ihren Kompositionen unter anderem um die düsteren Rauhnächte, den vergänglichen Zauber des alltäglichen Augenblicks und nicht zuletzt um die selten harmonisch geprägte Stimmung in der gar nicht allzu besinnlichen Weihnachtszeit.
Doch auch der Humor dieses originellen Ensembles konnte bei den Zuschauern punkten: Nicht nur die legendäre bayerische Grantel-Kultext tur und die abgestumpfte Technologiegesellschaft wurden von den singenden Schürzenjägern tatkräftig durch den Kakao gezogen, sondern auch die Gäste zum gemeinsamen Zelebrieren einer bajuwarischen Kirchenliturgie aufgefordert, die zwar letztendlich etwas gewöhnungsbedürftig war, dafür umso mehr ihren Anteil zur ausgelassenen Stimmung im Saal beisteuerte. Und dass die groovenden Rhythmen des interkulturellen Ensembles mehr bedeuteten als nur ein klangstarkes Konzerterlebnis, war wunderschön an den Reaktionen der Gäste zu sehen, denn so manches Pärchen ließ es sich nicht nehmen, vor der Bühne kräftig das Tanzbein zu schwingen und zur „karibischen Polka“die ganze Breite des Stadthallenparketts auszunutzen. Unter der spritzigen Moderation der bayerischen Moderatorin Traudi Siferlinger und den stimmungsvollen Leinwandbildern im Hintergrund präsentierte sich dieser Abend als ein kulturübergreifendes Schmankerl, das nicht nur von instrumentaler Kongenialität geprägt war, sondern vor allen Dingen rundum Spaß gemacht hat.