Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Stadt will Grundeigentümer weiter zur Kasse bitten
Finanzen Gedankenspiele der Landtags-CSU, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, sieht Oberbürgermeister Gribl kritisch. Das Bürgerbegehren für andere Zahlungsmodalitäten hat inzwischen 10000 Unterschriften
Auf Augsburg rollt in den kommenden Jahren eine Sanierungswelle bei den öffentlichen Straßen zu: Bei mehr als einem Viertel ist in den kommenden zehn Jahren die Erneuerung der Fahrbahn nötig, bei weiteren 42 Prozent in den kommenden zehn bis 20 Jahren, so eine Schätzung des Tiefbauamts. Nach jetzigem Stand müssen dabei auch die Bürger mitbezahlen: Je nachdem, ob es eine reine Anlieger- oder eine Hauptverkehrsstraße ist, müssen Grundstückseigentümer 30 bis 70 Prozent der Erneuerungskosten bezahlen. Dieser Kostenschlüssel gilt in so gut wie allen bayerischen Kommunen und sorgt regelmäßig für Unmut.
Doch in das Thema kommt Bewegung. Wie berichtet überlegt die Landtags-CSU, die Beiträge abzuschaffen oder den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit zu geben, ob sie die Beiträge überhaupt erheben. Hintergrund dürfte ein angekündigtes Volksbegehren der Freien Wähler sein, die im Jahr der Landtagswahl die Beiträge kippen möchten.
Bei der Stadt plädiert man für ein Festhalten am bisherigen System mit der Möglichkeit, dass Beiträge für finanziell klamme Grundeigentümer gestundet oder in kleinere Teilbeträge aufgeteilt werden. Das sagt Oberbürgermeister Kurt Gribl, der auch Chef des Bayerischen Städtetags und Stellvertretender CSUVorsitzender ist. „Der Bayerische Städtetag – und mit diesem die Stadt Augsburg – betont, dass die Straßenausbaubeiträge ein elementarer Bestandteil für die Finanzierbarkeit von Straßenausbau-Maßnahmen sind.“Ohne Beiträge werde ein Sanierungsstau auflaufen, so Gribl. Er verstehe gleichwohl, dass die Beitragserhebung von den Betroffenen als belastend und ungerecht empfunden werde.
Wie viel Geld die Stadt pro Jahr aus Ausbaubeiträgen einnimmt, lässt sich kaum beziffern, weil dies immer davon abhängt, wie viele Straßen erneuert werden. Es gehe meist um fünf- bis siebenstellige Summen, so die Verwaltung. Anlieger zahlen meist mehrere tausend, in Extremfällen auch mehrere zehntausend Euro.
Dieses Geld würde der Stadt fehlen. Sollte der Landtag an der Regelung rütteln, müsse das Land die Finanzierungslücke schließen, verlangt Gribl. „Und selbst dann würden viele Unzufriedene zurückbleiben, nämlich all diejenigen Grundstückseigentümer, die nach dem bisherigen Recht Beiträge bezahlt haben.“Sollte es im Fall eines Wegfalls der Ausbaubeiträge keinen Ersatz durch den Freistaat geben, so Gribl, würden viele Städte die Grundsteuer erhöhen müssen. „Meine Sorge ist, dass dann nicht mehr die Grundstückseigentümer belastet werden, sondern gegebe- nenfalls eine Umlage auf die Mieter erfolgen könnte“, so Gribl.
Seit dem vergangenen Frühjahr läuft in Augsburg auch ein Bürgerbegehren zum Thema Straßenausbaubeiträge. Allerdings geht es dabei nicht um deren komplette Abschaffung, auch wenn die Initiatoren diese gerne sehen würden. Als das Begehren startete, gab es aber noch keine Aussicht darauf, dass die Beiträge verschwinden könnten. Die Beteiligung von Grundeigentümern an der Erneuerung einer Straße sei grundsätzlich ungerecht, sagt Mitinitiatorin Bettina Müller. „Das Argument, dass eine Straßensanierung den Wert der Immobilie hebt, gilt in den wenigsten Fällen, denn wenn andersherum beispielsweise eine Straße durch Schwerlast- oder Buslinienverkehr beschädigt worden ist, dann erhalten die Anlieger ja auch keinen Schadenersatz für die ,Wertminderung‘ ihrer Immobilie.“ Die Sanierung der Straße stelle in diesem Fall nur den ursprünglichen Wert wieder her.
Das Begehren zielt aber „nur“darauf ab, die Art der Erhebung von Ausbaubeiträgen zu ändern. Bisher werden Grundbesitzer in einer erneuerten Straße zu einer Einmalzahlung aufgefordert. Das Begehren fordert, dass die Verwaltung das Stadtgebiet in Sanierungsbezirke aufteilt. Dort würden dann alle Grundeigentümer jährlich einen kleinen Betrag zahlen, egal, ob ihre Straße erneuert wird oder nicht. Die Kosten würden auf diese Weise auf viele Schultern verteilt. Gleichzeitig würden so aber auch Grundeigentümer zur Kasse gebeten, die von einer Straßenerneuerung gar nichts haben.
Das Bürgerbegehren liegt nach Angaben der Initiatoren inzwischen bei knapp 10 000 Unterschriften. Damit ist die Grenze der für eine Bürgerabstimmung nötigen 11000 Unterschriften in greifbare Nähe gerückt. „Wir haben in der Adventszeit eine Sammelpause eingelegt und werden jetzt wieder loslegen, sobald das Wetter stabil ist“, so Müller. Zwar hätte sich mit einer Abschaffung der Beiträge durch den Landtag auch das Begehren erledigt, doch solange dies nicht klar sei, sammle man weiter. In jedem Fall soll es vor dem Einreichen der Unterschriften noch ein Gespräch mit der Stadt geben.
Denn der Stadtrat hatte im vergangenen Sommer unter dem Eindruck des Bürgerbegehrens ein Büro beauftragt, das anhand des Stadtteils Firnhaberau fiktiv durchrechnet, wie sich die verschiedenen Erhebungsarten auf die Grundeigentümer auswirken. Die Daten sollen bald vorliegen, voraussichtlich im Sommer soll sich der Stadtrat damit befassen.