Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Modelleise­nbahn Welt liegt in Trümmern

Hobby Die Augsburger Miga hatte eine der spektakulä­rsten Vereinsanl­agen in Süddeutsch­land. Nun muss sie abgebaut werden. Eine neue Halle wird verzweifel­t gesucht

- VON EVA MARIA KNAB

Bei Martin Schratt und seinen Modelleise­nbahnfreun­den herrscht Weltunterg­angsstimmu­ng. Bislang hatte die Modellbahn-Interessen­gemeinscha­ft Augsburg (Miga) eine der größten und vielfältig­sten Vereinsanl­agen, die es in Süddeutsch­land zu sehen gibt. Nun liegt die riesige Eisenbahnw­elt in Trümmern. Sie muss abgebaut und dabei in Stücke zerlegt werden, sodass man sie wohl nie mehr in ihrer heutigen Form zusammenfü­gen kann. Im schlimmste­n Fall droht der Anlage und dem Verein sogar das komplette Aus.

Hintergrun­d ist, dass die Miga ausziehen muss. Sie hatte ihr Domizil in einem alten Bahngebäud­e an der Firnhabers­traße, und zwar im ehemaligen Schmiersto­fflager des alten Bahnbetrie­bswerkes. Dort hatten die Modelleise­nbahner über Jahrzehnte hinweg getüftelt und gebastelt. So entstand eine riesige Miniaturwe­lt für Eisenbahne­n auf mehreren Stockwerke­n mit 2500 Quadratmet­ern Fläche und 500 Modellzüge­n. Über die Jahre hinweg sorgte die Anlage bei Tausenden Besuchern für Staunen und Faszinatio­n. Besonders gefragt waren beim Publikum die gemeinsame­n Öffnungsta­ge mit dem historisch­en Bahnpark gleich nebenan.

Doch mittlerwei­le hat die Deutsche Bahn das Gebäude mit dem Vereinssit­z der Miga verkauft. Im November 2015 endete das Bieterverf­ahren laut DB mit einem „marktüblic­hen Preis“. 2016 fand die Übergabe der Immobilie an den Käufer statt. Die Miga war nur Mieter. Sie muss nun ausziehen und alle Einbauten entfernen. Die Übergangsr­egelung, wonach man ein Jahr Zeit zum Umzug habe, sei fair, betonen die Vorstandsm­itglieder. Ende August müssen wir raus, das ist für uns die endgültige Deadline“, sagt Martin Schratt.

Das große Problem ist, dass der kleine Verein bislang keine neue Bleibe finden konnte. Man habe lange und intensiv nach einem neuen Domizil gesucht, sagen die Vorstandsm­itglieder. Zwar gebe es viele Gewerbehal­len in Augsburg. Wegen der aktuellen Lage auf dem Immobilien­markt sei aber auch die Miete für Gewerbebau­ten teuer und für den Verein nicht bezahlbar. Die Miga hat nur etwa 50 Mitglieder. Die meisten von ihnen sind Rentner. Sie zahlen einen Monatsbeit­rag von 15 Euro. „Eine starke Erhöhung der Beiträge ist nicht machbar“, sagt Schratt. „Das könnten sich die meisten von uns finanziell nicht leisten.“

Die Uhr für den Umzug tickt. Deshalb sucht der Vereinsvor­stand zunehmend verzweifel­t nach einem neuen Mietobjekt. Die neue Halle müsse etwa 600 bis 1000 Quadratmet­er groß, beheizbar und belüftbar und möglichst auch verkehrsgü­nstig gelegen sagt, sagt Schratt. Die Miga könne allerdings nur etwa 500 Euro Miete plus Strom und Heizung zahlen. Darüber hinaus müsse das Gebäude auch längerfris­tig zur Verfügung stehen.

Derzeit wird die weitläufig­e Anlage an der Firnhabers­traße Stück für Stück abgebaut und für den Abtranspor­t verpackt. Sie ist vollgestop­ft mit analoger und digitaler Technik. Allein ein originaler Stelltisch aus früheren Bahnbestän­den, mit dem Modellzüge gesteuert werden, wiegt Tonnen. Es gibt beispielsw­eise auch zwei komplette Zugabteile der Deutschen Bahn in Originalgr­öße. „Wir können die Teile nicht so einfach auseinande­rschrauben und woanders wieder aufbauen“, sagen die Modelleise­n„Aber bahner. Viele aufwendig hergestell­ten Details seien nicht mehr zu retten.

Die Frage ist nun, ob und wo die Modelleise­nbahnwelt wenigstens in Teilen wieder aufgebaut werden kann. Schratt und seine Mitstreite­r hoffen noch auf ein Wunder. Das wäre für sie, wenn sie doch noch eine passende Halle mit einem geringen Mietpreis finden könnten. Die Stimmung im Verein ist bereits sehr gedrückt. Es gebe inzwischen nur noch sehr wenige Mitglieder, die sich aktiv engagieren wollen, sagt der Vorstand. Auch die Zeiten, in denen Modelleise­nbahnen viele Menschen begeistert hätten, seien vorbei. „Wenn wir kein anderes Gebäude finden, müssen wir unseren Verein auflösen“, kündigt Vorsitzend­er Winfried Schechinge­r an. Das wäre dann das Ende der Miga nach insgesamt 70 Jahren Vereinsges­chichte.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Ein Bild des Jammers: Martin Schratt zeigt die Teile der riesigen Modelleise­nbahn Anlage des Augsburger Vereins Miga, die jetzt abgebaut und zerlegt werden muss. Ob künftig wenigstens noch Teile der Eisenbahnw­elt zu sehen sein werden, hängt davon ab,...
Foto: Silvio Wyszengrad Ein Bild des Jammers: Martin Schratt zeigt die Teile der riesigen Modelleise­nbahn Anlage des Augsburger Vereins Miga, die jetzt abgebaut und zerlegt werden muss. Ob künftig wenigstens noch Teile der Eisenbahnw­elt zu sehen sein werden, hängt davon ab,...

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