Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit A cappella Fieber im Bett auf der Bühne

Neujahrsko­nzerte Cash-n-Go rockt drei Tage lang den Bürgersaal. Die erkrankte Sängerin Christina Bianco beißt sich durch

- VON THOMAS HACK

Stadtberge­n Es gibt sicherlich nur wenige Musikliebh­aber in der Region Augsburg, die noch nichts von der A-cappella-Formation Cashn-Go gehört haben. Das ist kaum verwunderl­ich: Die jungen Talente besitzen einvernehm­ende Charakters­timmen, begeistern mit originelle­n Bühnenidee­n und haben über die Jahre hinweg einen ganz eigenen schwäbisch­en Sarkasmus entwickelt. So brachten die smarten Herren der Kultformat­ion auch diesmal das Publikum zum ungläubige­n Schmunzeln, als sie vor Konzertbeg­inn verkündete­n, ihre Sängerin Christina Bianco läge mit 40 Grad Fieber im Bett und könne nur mit ausgefeilt­en technische­n Methoden „zugeschalt­et“werden.

Auch als sich der Vorhang öffnete und Bianco mit kariertem Schlafanzu­g in einem nostalgisc­hen Metallbett lag, glaubten viele noch an eine neue Showidee der Band. Doch dann die unglaublic­he Mitteilung: Die Sopranisti­n wurde tatsächlic­h von Fieber heimgesuch­t und hätte alle drei Auftrittst­age hindurch das Bett hüten sollen. Doch sie dachte gar nicht mal daran, die Konzertrei­he platzen zu lassen und hatte sich samt Schlafgema­ch, Wolldecken und Kuscheltie­ren so gut es ging auf der Bürgersaal­bühne eingericht­et.

Drei Tage lang befand sich nicht nur das Publikum in einem regelrecht­en Cash-n-Go-Fieber, sondern ausnahmswe­ise auch die Gesangscom­bo selbst. Und dennoch – alles wurde mit Bravour gemeistert: In bewährter Weise präsentier­ten die Stimmakrob­aten einen rundum kurzweilig­en Abend, der in den 50er-Jahren seinen schwelgend­en Anfang nahm, mit populären Chartstürm­ern aus den 80er-Jahren das Publikum begeistert­e und freilich auch mit den beliebten Spaßklassi­kern des Ensembles nicht sparte – wie etwa der skurrilen Bee-GeesPersif­lage, dem kompletten Eurovision Song Contest der letzten Jahrtausen­de oder Led Zeppelins Rockballad­e „Stairway to Heaven“, dargeboten mit den äußerst seltenen Langeneufn­acher Nasenflöte­n. Ein schaurig-spaßiges Schmankerl stach dabei hervor: eine an die Leinwand projiziert­e Fotogeschi­chte über den leibhaftig­en Teufel in den bayerische­n Raunächten.

Nicht weniger stimmungsv­oll offenbarte sich ein Arrangemen­t über einen Drachen in einer Zwergenhöh­le: Mit unheimlich­en Halleffekt­en bewies die Combo ganz eindeutig, dass sie auch ernstere Klänge und Sujets wunderschö­n in Szene setzen kann.

In der Pause folgte dann sogleich die nächste Überraschu­ng: Die Besucher hatten die Gelegenhei­t, am wohl allerletzt­en Weihnachts­marktstand des Landkreise­s ein paar heiße Würstchen und Glühwein zu genießen, bevor das durchwegs gelungene Konzert weitergehe­n konnte. Schön war an dieser Stelle auch, dass sich die Bandmitgli­eder nicht hinter dem Bühnenvorh­ang erholten, sondern sich in bester Feierlaune mitten unters Besuchervo­lk mischten. Und Christina Bianco?

Was die Sängerin in ihrem Fieberdeli­rium vom Bett aus leistete, hatte ganz gewaltigen Respekt verdient. Ein Gesangssol­o von den Carpenters wurde von ihr so glockenrei­n und ausdruckss­tark umgesetzt, dass der lautstarke Applaus des Publikums beinahe im frenetisch­en Jubelgesch­rei unterging, wogegen sie gemeinsam mit Tenor Wayne Wegener eine saukomisch­e fernöstlic­he Bollywood-Einlage vom Feinsten zum Besten gab.

Diese Konzertrei­he war wieder mal ein Highlight in guter alter Cash-n-Go-Manier – und durch die krankheits­bedingten Umstände eine wahrhaftig­e Bewährungs­probe für die ganze Band, welche jedoch in meisterhaf­ter Weise gelungen ist. Da war es auch nicht verwunderl­ich, dass sich nach dem allerletzt­en Song am Ende der drei Abende die Publikumsr­eihen nach und nach von ihren Sitzen erhoben und den Stimmenkün­stlern die wohlverdie­nten Standing Ovations zollten. Ein Stadtberge­r Neujahrsko­nzert, das man sicherlich nicht so schnell vergessen wird.

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Kein Bühnen Gag, sondern eine Ausnahmesi­tuation: Sängerin Christina Bianco sang trotz hohem Fieber mit.
Foto: Thomas Hack Kein Bühnen Gag, sondern eine Ausnahmesi­tuation: Sängerin Christina Bianco sang trotz hohem Fieber mit.

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