Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Tausende Metaller gehen auf die Straße
Arbeitskampf Heute soll der Warnstreik in Bayern nochmals ausgeweitet werden. Es droht eine der bisher härtesten Tarifrunden
Schweinfurt Im Kampf um sechs Prozent mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten haben auch die bayerischen Metaller ihre Warnstreiks am Dienstag ausgeweitet. Wie die Gewerkschaft IG Metall mitteilte, legten bis zum Nachmittag rund 6000 Beschäftigte im Freistaat die Arbeit nieder. Bundesweit gab es rund 60000 Teilnehmer, davon 32000 in Nordrhein-Westfalen. Bayerns IGMetall-Chef Jürgen Wechsler sagte bei einer Kundgebung mit rund 4000 Beschäftigten in Schweinfurt unter großem Beifall: „Diese Tarifrunde wird eine richtig harte Auseinandersetzung. Vielleicht so hart wie seit 20 Jahren nicht mehr.“Die IG Metall fordert neben sechs Prozent mehr Lohn auch das Recht für jeden Beschäftigten, seine Arbeitszeit bis zu zwei Jahre lang von 35 auf 28 Stunden pro Woche zu verkürzen, mit teilweisem Lohnausgleich. Die Arbeitgeber aber haben bisher erst eine Einmalzahlung und zwei Prozent mehr Lohn angeboten. Außerdem wollen sie die Arbeitszeit verlängern können.
Bayerns IG-Metall-Chef Wechsler kündigte an: „Wir werden jetzt von Tag zu Tag die Warnstreikbeteiligung in Bayern steigern.“Trotz hervorragender Wirtschaftslage und satter Unternehmensgewinne wollten die Arbeitgeber die 835 000 Metaller in Bayern „mit einer mickrigen Lohnerhöhung abspeisen“, die nicht einmal die Inflation ausgleiche: „Schon das ist eine bodenlose Frechheit!“Außerdem dürften sie nicht länger allein bestimmen wie feudale Gutsherren, was flexible Arbeitszeit sei. „Jetzt sind wir dran.“
Der Hauptgeschäftsführer des bayerischen Arbeitgeberverbandes vbm, Bertram Brossardt, wies das als reine Stimmungsmache zurück. Lohnzuschüsse für einzelne Gruppen, die ihre Arbeitszeiten verkürzen, sehen die Arbeitgeber als juristisch fragwürdig an. „Streiks sind generell kein geeignetes Mittel für Tarifauseinandersetzungen. Sie schaden dem stark exportorientierten Metall- und Elektro-Standort Bayern“, sagte Brossardt unlängst.
Neben Nordrhein-Westfalen war Bayern ein Schwerpunkt der Warnstreiks am Dienstag. Die Gewerkschaft will ihre Aktionen jetzt schrittweise ausweiten. An diesem Mittwoch sollen zum Beispiel auch Siemens und der Lastwagenbauer MAN in München bestreikt werden. Regionale Schwerpunkte setzt die IG Metall am Mittwoch auch in Augsburg, Passau und der Oberpfalz. In Augsburg sollen der Flugzeugteile-Hersteller
„Wir werden jetzt von Tag zu Tag die Warnstreikbeteiligung in Bayern steigern.“Jürgen Wechsler, IG Metall Bayern
Premium Aerotec und die frühere Osram-Tochter Ledvance bestreikt werden. 48 Betriebe in Bayern werden sich der IG Metall zufolge heute am Warnstreik beteiligen. „Die Beschäftigten in anderen Betrieben scharren schon mit den Hufen“, sagte Bayerns IGMetall-Chef Wechsler.
Zudem rücken in Bayern die großen Autokonzerne ins Visier. Der IG-Metall-Bundesvorsitzende Jörg Hofmann will am Donnerstag bei einer Protestaktion vor dem BMWForschungszentrum in München sprechen. Der Münchner IG-Metall-Chef Horst Lischka sagte, die Metaller in München seien „wild entschlossen“, ihre Forderungen zur Not auch im Konflikt durchzusetzen.
Die dritte Verhandlungsrunde für die 3,9 Millionen Metaller in Deutschland beginnt am Donnerstag in Baden-Württemberg. Die bayerischen Tarifparteien verhandeln am nächsten Montag in Nürnberg. Aus Gewerkschaftskreisen verlautete, Ende Januar sei die Geduld zu Ende. Die Gewerkschaft kann zu 24-Stunden-Warnstreiks aufrufen, muss aber vor regulären Streiks in einer Urabstimmung ihre Mitglieder befragen.
In der bayerischen Metall- und Elektroindustrie arbeiten rund 835 000 Beschäftigte. Davon sind 475000 in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt, die im vbm organisiert sind.