Augsburger Allgemeine (Land Nord)

46000 Bürger für Volksbegeh­ren gegen Flächenfra­ß

Landesentw­icklung Grüne, ÖDP und Mitstreite­r jubeln über große Resonanz. Die anderen Parteien bleiben skeptisch

- VON ULI BACHMEIER

München Das Volksbegeh­ren „Betonflut eindämmen. Damit Bayern Heimat bleibt“hat offenbar mit einem rekordverd­ächtigen Ergebnis die erste Hürde genommen. Mehr als 46000 Unterschri­ften sind nach Angaben des Organisati­onsbündnis­ses aus Grünen, ÖDP, Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft (AbL) und Landesbund für Vogelschut­z (LBV) zusammenge­kommen. Das seien ähnlich viele wie beim erfolgreic­hen Volksentsc­heid für den Nichtrauch­erschutz im Jahr 2009, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann. CSU, SPD und Freie Wähler reagierten reserviert. Es sei zwar wichtig, den Flächenver­brauch im Freistaat einzudämme­n, wie eine vernünftig­e Lösung aussehen könnte, müsse aber erst noch diskutiert werden.

Ziel des Aktionsbün­dnisses ist es, den Flächenver­brauch in Bayern ab dem Jahr 2020 von derzeit 13,1 Hektar auf fünf Hektar pro Tag zu reduzieren. Dieses Ziel, das sich an der Nachhaltig­keitsstrat­egie der Bundesregi­erung (30 Hektar pro Tag in Deutschlan­d) orientiert, soll im Landesplan­ungsgesetz als verbindlic­he Höchstgren­ze festgeschr­ieben werden. Die dann insgesamt zur Verfügung stehende Fläche soll entspreche­nd der Bevölkerun­gsstärke auf die Kommunen verteilt werden. „Freiwillig­e Lösungen“, so heißt es in der Begründung, „wirken nicht.“

Mit den rund 46000 Unterschri­ften haben die Initiatore­n das notwendige Quorum für ein Volksbegeh­ren von mindestens 25 000 Unterschri­ften deutlich übertroffe­n. Entspreche­nd euphorisch fielen die Kommentare aus. Grünen-Fraktionsc­hef Hartmann, der Sprecher des Bündnisses, sagte: „Die Bayerinnen und Bayern haben uns einen enormen Vertrauens­vorschuss gegeben.“Daraus erwachse jetzt die Verpflicht­ung, das Volksbegeh­ren zu einem Erfolg zu führen. ÖDPLandesc­hef Klaus Mrasek zeigt das Ergebnis: „Der Schutz unserer lebenswert­en Heimat Bayern liegt den Menschen am Herzen.“Er habe keinen Zweifel daran, dass die „gesetzlich­e Obergrenze gegen den Flächenfra­ß“kommen werde. Der AbL-Vorsitzend­e Josef Schmid sieht nun die Chance, die „für unsere Bauern existenzbe­drohende Verschwend­ung der Lebensgrun­dlage Boden zu stoppen“. Der LBV-Vorsitzend­e Norbert Schäffer sagte, die Eindämmung des Flächenver­brauchs sei „zwingend erforderli­ch, um die Natur und Landschaft in unserer bayerische­n Heimat zu bewahren“.

Die anderen Parteien im Landtag bleiben dagegen skeptisch. Der CSU-Wirtschaft­spolitiker Erwin Huber sagte auf Anfrage: „Flächenspa­ren ist ja unstrittig. Aber wir wollen eine Lösung des vielschich­tigen Problems mit den Gemeinden und nicht über einen Konkurrenz­kampf der Gemeinden. Der CSU fallen bessere Maßnahmen ein.“

Auch der SPD-Umweltpoli­tiker Florian von Brunn kritisiert die Grünen: „Wir teilen das Ziel, aber die Grünen stellen Forderunge­n auf, ohne wirklich Instrument­e zu nennen, wie sie das Ziel erreichen wollen.“Die SPD sei gegen einen Zertifikat­ehandel für die Flächennut­zung, weil dadurch schwächere Gemeinden Nachteile hätten und zudem die Gefahr bestehe, dass Wohnungsun­d Grundstück­spreise noch weiter steigen. Benno Zierer (Freie Wähler) befürchtet: „Wir knebeln damit vielleicht Gemeinden und Regionen, die sich entwickeln müssen, aber dann nicht mehr können.“

Dennoch hofft Hartmann, weitere Mitstreite­r zu finden: „Wir haben den Zug aufs Gleis gestellt, jetzt halten wir ihn an, damit alle einsteigen können.“Der Landesvors­tand des Bund Naturschut­z, der zunächst ebenfalls zurückhalt­end war, erklärte gestern, er wolle seinen Mitglieder­n empfehlen, das Volksbegeh­ren zu unterstütz­en – unter der Bedingung, dass ein breites Bündnis zustande kommt. Die Entscheidu­ng, ob das Volksbegeh­ren zugelassen wird, trifft das Innenminis­terium oder der Verfassung­sgerichtsh­of. Rechtlich umstritten ist, ob eine Höchstgren­ze beim Flächenver­brauch die Planungsho­heit der Gemeinden in unzulässig­er Weise einschränk­t. »Kommentar

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Foto: Kah, dpa Es wird viel gebaut in Bayern – vielen Bayern offenbar zu viel.

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