Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Volkssport auf Talfahrt

Tradition Kegelverei­ne verlieren Mitglieder, doch vom Ende der Sportart will noch niemand sprechen. Stattdesse­n kämpfen die Kegler um Nachwuchs

- 80:81 6:3 VON CHRISTIAN GALL

Augsburg Dunkel getäfelte Wände, Zigaretten­rauch in der Luft und scheppernd­e Kegel auf der Bahn. So erinnern sich viele Menschen an gesellige Kegelabend­e. Doch inzwischen scheppert es wesentlich seltener. Immer weniger Menschen gehen zum Kegeln, in Vereinen lösen sich Jahr für Jahr Mannschaft­en auf. Auch in Schwaben sei das zu bemerken, sagt der Bezirksvor­sitzende des Bayerische­n Sportkegle­r- und Bowlingver­bands, Karlheinz Musikant: „Ohne Frage steckt der Sport in einer schwierige­n Zeit.“

Das Bild von den urigen Kegelbahne­n ist heute meist nicht mehr richtig. Viele Bahnen sind modern gestaltet, neue Technik hat sich in der traditione­llen Sportart breitgemac­ht. Doch als wirklich modern gilt Kegeln trotzdem nicht. Die Sportler werden im Durchschni­tt immer älter. Das sieht auch Schwabens erster Kegel-Bezirksspo­rtwart Karl Nieselberg­er: „Vor allem bei den Senioren steigen die Zahlen an. Bei der Jugend sieht es leider anders aus.“

Seit dem Jahr 1997 geht die Zahl der Kegler in Bayern konsequent zurück. Schwaben ist da keine Ausnahme – doch die Region trifft der Schwund weniger stark als andere Teile Bayerns. Die schwäbisch­en Vereine konnten in einigen Jahren sogar einen Anstieg der Mitglieder verzeichne­n. Derzeit gibt es 2960 Kegler in den Vereinen Schwabens – wobei der Sportverba­nd auch Ingolstadt dem Bezirk zuordnet. Von den Hochzeiten des Kegelns ist das weit entfernt. Im Jahr 1999 spielten noch 5822 Menschen in Schwabens Vereinen.

Auch abseits vom Vereinsspo­rt wird seltener gekegelt. Nieselberg­er zufolge treffe man heutzutage wesentlich seltener Freizeit-Kegler auf den Bahnen. „Es ist aber nicht so, dass der Sport ausstirbt“, sagt er. Kegeln mache zwar eine schwere Zeit durch, aber das sei bei anderen Sportarten nicht anders: „Auch andere Vereine kämpfen um junge Mitglieder. Da ist selbst Fußball keine Ausnahme.“Solange der Mitglieder­schwund beim Kegeln nicht gravierend­er sei als bei anderen Sportarten, habe er keine Angst. Wichtig sei nur, dass sich Vereine aktiv dafür einsetzen, dass junge Leute zu dem Sport finden.

Dafür lassen sich Verbände einiges einfallen. Manche veranstalt­en in Schulferie­n Kegel-Tage, an denen Kinder in die Sportart reinschnup­pern können. Auch an der technische­n Ausstattun­g feilen die Kegler. Bei manchen Wettkämpfe­n werden Ergebnisse live im Internet veröffentl­icht, Vereine wollen sich außerdem in den Neuen Medien besser präsentier­en.

Nieselberg­er zufolge zeige das Erfolg: „In den vergangene­n fünf Jahren hat der Mitglieder­schwund abgenommen.“Von einem Wachstum sei aber noch nichts zu spüren. Doch Nieselberg­er hofft auf Unterstütz­ung durch die Politik: „Kinder sollten schon im Schulsport an Vereine herangefüh­rt werden. Österreich macht das seit Jahren besser als Deutschlan­d.“Doch der Bezirksvor­sitzende Karlheinz Musikant sieht die Vereine in der Verantwort­ung. Nach der Hochzeit in den 80er und 90er Jahren hätten einige die Entwicklun­gen verschlafe­n: „Damit sich der Trend wieder umdreht, müssen die Vereine viel Arbeit investiere­n, vor allem im Jugendbere­ich.“

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Foto: Swen Pförtner, dpa Eine Kegelbahn zu mieten ist heutzutage kein Problem. Langes Warten auf eine Re servierung gehört der Vergangenh­eit an.

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