Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn der Trainer zum Fan wird

Interview Was heimische Coaches zur beginnende­n Handball-Europameis­terschaft sagen

- VON OLIVER REISER

Landkreis Wenn am heutigen Freitag die Handball-Europameis­terschaft beginnt, werden auch die Handballer aus dem Augsburger Land vor dem Fernseher Platz nehmen, um das Auftaktspi­el der deutschen Mannschaft in Zagreb gegen Montenegro (17.15 Uhr) zu verfolgen. Immerhin werden diesmal zumindest die Spiele mit deutscher Beteiligun­g in den öffentlich-rechtliche­n Fernsehsen­dern übertragen. Wir sprachen über das Ereignis mit den Trainern Christian Olmer (TSV Meitingen/Bezirkslig­a) und Christian Boppel (TSV Gersthofen/Bezirksobe­rliga).

Deutschlan­d ist Titelverte­idiger. Wie weit geht’s diesmal im Turnier? Olmer: Es wird viel vom Selbstvert­rauen und von der Fitness abhängen. Mit Erfolgserl­ebnissen aus den ersten Spielen reicht es vielleicht für das Halbfinale und dann sind es eh meist sehr sehr enge Spiele. Es wird sich zeigen, ob Prokop mit seiner mutigen Aufstellun­g recht behält. Frankreich halte ich persönlich für die beste Mannschaft, aber die vielen Spiele in so kurzer Zeit lassen wenig Regenerati­on zu.

Boppel: Deutschlan­d ist trotz der Nominierun­gsdiskussi­on auf jeden Fall auch Mitfavorit. Wir haben einen sehr ausgeglich­enen Kader und können als Turnierman­nschaft sicherlich einiges erreichen. Favorit ist ganz klar Frankreich, wobei die Mannschaft eigentlich schon satt von den Titeln der letzten Jahre sein müsste. Kroatien darf man bei einer Heim-WM nie unterschät­zen.

Gibt es einen Spieler, der Ihren Vorstellun­gen vom perfekten Handballer nahekommt? Und warum?

Olmer: Ivan Cupic und Luc Abalo sind für mich herausrage­nde Handballer, da sie trotz normaler Körpergröß­e im Konzert der Großen beeindruck­end mitspielen.

Boppel: Domagoj Duvnjak ist defensiv und offensiv für mich der beste Spieler. Wenn er wirklich wieder fit ist, können es die Kroaten auf jeden Fall auch packen.

Wenn Sie selbst Spitzenhan­dball verfolgen: Sehen Sie sich dann vor allem als Fan oder kommt doch eher der Trainer/Analytiker durch? Olmer: Ich stelle mir schon immer gerne die Frage, wie hättest du entschiede­n? Oder wo würdest du Spieler mit solchen Fähigkeite­n einsetzen? Wenn man nicht in der Verantwort­ung steht, ist das natürlich viel leichter.

Boppel: Bei Spielen mit deutscher Beteiligun­g bin ich definitiv der Fan, alles andere sehe ich eher als Analytiker.

Gibt es Beispiele, wie Sie „im Großen“Gesehenes später „im Kleinen“erfolgreic­h einbauen können?

Olmer: Wirklich zur Anwendung kommt Gesehenes eher nicht, da fehlt es eigentlich an allem. An der Technik, Athletik und so weiter. Boppel: Das ist schwierig. Auf unserem Niveau leben wir vor allem von Emotionen und Willen. Technisch können meine Jungs leider nicht alles umsetzen, was die „Großen“können.

Stichwort Nachwuchs: Kann ein solches Großereign­is nachhaltig positive Wirkungen in der Region haben? Oder ist der Zyklus EM/WM/Olympia in Sportarten wie Handball oder Eishockey inzwischen zu eng, als dass derartige Höhepunkte überhaupt noch ernsthaft wahrgenomm­en werden? Olmer: Die Wirkung eines Großereign­isses auf den Nachwuchs hält sich sehr in Grenzen. Da leben wir doch eher von der Qualität und Mundpropag­anda der Jugendlich­en, die in den Vereinen trainieren. Boppel: Ganz klar viel zu eng. Selbst ich muss jedes Jahr aufs Neue überlegen, was wir für ein Handballer­eignis dieses Jahr haben. Hier sollten die Verantwort­lichen wirklich mal überdenken, ob so ein Rhythmus sinnvoll ist.

Zumindest die deutschen Spiele kommen in ARD/ZDF – hilft das dem Handball?

Olmer: Im TV ist der Fußball nicht zu schlagen. Die Regeln sind leicht verständli­ch, und die Stars sind alle Millionäre. Wer wäre das nicht gern? Handballmi­llionäre muss man suchen.

Boppel: Das hilft schon. Allerdings ist die mediale Präsenz des Handballs immer noch sehr stiefmütte­rlich. Das Testspiel gegen Island war nur im Internet-Stream zu verfolgen. Beim Fußball wäre das undenkbar ...

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Christian Olmer, Trainer des TSV Meitin gen, sieht Frankreich als die beste Mann schaft.
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Fotos: Andreas Lode Christian Boppel vom TSV Gersthofen hält Deutschlan­d für einen der Mitfavori ten.

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