Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Debatte ist erloschen
leitet, wie unsere Zeitung damals berichtete – was zugleich verdeutlicht, wie wenig weitere Fälle es seither gab. Hinweise von Bürgern oder konkurrierenden Wirten waren anfangs meist Auslöser der Kontrollen. Heute ist für die Ordnungsbehörden eher etwas anderes ein Thema: Beschwerden von Bürgern, die etwa eine Ruhestörung melden, weil sich Raucher vor den Türen der Kneipen laut unterhalten.
Nachdem Anfang 2008 die erste Version des Gesundheitsschutzgesetzes in Kraft getreten war, fanden viele Gastronomen in Augsburg eine kreative Lösung, wenn sie Gästen das Rauchen weiterhin ermöglichen wollten: Die Kneipen wurden zu Raucherklubs, zu Vereinen also, die Mitglieder aufnahmen und meist sehr geringe Mietgliederbeiträge verlangten. So ließ sich das Rauchverbot anfangs umgehen. Die kleine Rio-Bar in der Heilig-Grab-Gasse beispielsweise wurde ein „Club der brasilianisch-kubanischen Raucherfreunde“. Inhaber Oliver Weiße bereitete die neue Gesetzeslage damals schlaflose Nächte. Er war ein erklärter Gegner des Rauchverbotes. Heute sagt er: „Im Prinzip haben wir uns alle dran gewöhnt.“Es bringe ja nichts, sich drüber aufzuregen. Begeistert ist er nach wie vor nicht von dem Gesetz, sagt er. Aber schließen musste er seine Bar nicht, auch wenn er die Befürchtung damals hegte. Anfangs seien die wirtschaftlichen Folgen allerdings schon spürbar gewesen: Stammgäste seien weggeblieben, ein „Zigarrenstammtisch“etwa löste sich auf.
Ähnliches berichtet Christine Störcher von der Gaststätte „Alte Schmiede“in Lechhausen. Störcher war 2011 Mitorganisatorin einer Demonstration von Gastwirten und ihren Gästen in Augsburg, die sich gegen das totale Rauchverbot in der Gastronomie richtete. 400 Teilnehmer zogen damals durch die Innenstadt. Auch Störcher berichtet von einem anfänglichen wirtschaftlichen Einbruch, von Stammtischen, die sich auflösten, von einer „Stimmungsänderung“. Man habe das Glück, dass man Speisen anbieten könne, die gut ankämen; so habe sich das auffedern lassen. Kleine Kneipen könnten das jedoch nicht.
Gastronom Leo Dietz sagt, „bestimmte Betriebstypen“hätten es schwerer als früher; auch er nennt kleine Kneipen, aber auch Diskotheken und Klubs. Ob man das jedoch auf das Gesetz zurückzuführen könne, sei eine andere Frage. Grundsätzlich gebe es ja einen gesellschaftlichen Wandel, sagt Dietz. Es entstünden neue Lokale, die Essen anbieten, Betriebe im Nachtleben müssten hingegen teils kämpfen. Was die Zigaretten angehe: Junge Menschen rauchten schlicht seltener und weniger als ältere – und hätten mit dem Rauchverbot meist ohnehin kein Problem, weil sie es nicht anders kennen. »Kommentar
Jahre nach der Einführung des Rauchverbotes, das in Bayern auch für Gaststätten keine Schlupflöcher mehr zulässt, wäre es müßig, alle Argumente von damals noch einmal durchzukauen. Was sich für Augsburg sagen lässt: Die Raucher haben sich weitgehend damit abgefunden, vor die Tür zu gehen, wenn sie sich eine Zigarette anzünden wollen. Das ist gut für die Gesundheit aller anderen Gäste; es ist zumutbar für die Raucher. Es bedeutete für viele Gaststätten eine Umstellung, aber nicht den Tod. Wenn eine Kneipe schließen musste oder muss, dürfte das in den seltensten Fällen allein am Rauchverbot gelegen haben. Die meisten haben sich damit arrangiert.
Kaum jemand wird heute noch Zustände wie vor Jahrzehnten herbeisehnen, in denen fast überall gequalmt werden durfte. Das Gesundheitsbewusstsein ist heute ein anderes, die Forschungsergebnisse zu den Folgen von Tabaksucht und Passivrauchen sind sowieso eindeutig. Tatsächlich ist das Rauchverbot kein Thema mehr in der öffentlichen Debatte, in Augsburg nicht, in Bayern nicht.
Derart rigoros wie im Freistaat ist das Gesetz in Bezug auf Gaststätten allerdings längst nicht überall. Und auch in anderen Bundesländern scheinen Raucher und Nichtraucher mit den Regelungen seit Jahren auszukommen. Das rigide bayerische Gesetz als vorbildliche Lösung zu verklären, wäre also womöglich übertrieben.
Dem Wirt bereitete das Gesetz schlaflose Nächte