Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die B2 brachte den Aufschwung
Entwicklung In der Gemeinde Langweid ist in den vergangenen Jahren die Einwohnerzahl stark gewachsen. Es gab auch Zeiten, in denen viele Menschen ihre Arbeit verloren. Ein kleiner Ausflug mit dem Ehrenbürger durch die Jahrzehnte /Serie1
Vom Straßendorf zur boomenden Gemeinde, die viele Neubürger anlockt: Langweid hat in den vergangenen Jahrzehnten eine enorme Entwicklung erlebt. So stieg die Zahl der Einwohner nach den neuesten amtlichen Zahlen im Zeitraum von 2011 bis Ende 2016 kräftig von 7316 auf 8049 Einwohner an. In einer kleinen Folge von Artikeln gehen wir in der nächsten Zeit darauf ein, woher die Entwicklung kommt und vor welche Herausforderungen die zusätzlichen Bewohner die Gemeinde künftig stellen werden. Außerdem gehen wir der Frage nach, was viele junge Familien nach Langweid zieht. Langweid Einer, der Langweid und seine Geschichte von klein auf kennt, ist der langjährige Bürgermeister und heutige Ehrenbürger Karl-Heinz Jahn. Von 1978 bis 2008 war er Herr im Rathaus. „Die industrielle Entwicklung der Gemeinde Langweid, aber auch Gersthofens begann zunächst mit dem Bau der Bahnlinie Augsburg – Donauwörth in den Jahren 1842 bis 1844 und beschleunigte sich, als in den Jahren 1905 bis 1915 der Lechkanal durch die Lech-Elektrizitätswerke erbaut wurde“, so Jahn.
Um 1945/1946 zählte Langweid noch 800 Einwohner. „Im folgenden Jahr kamen dann die Heimatvertriebenen an“, so Jahn. Viele davon fanden Arbeit bei den damaligen Farbwerken Hoechst und nahmen den beschwerlichen Weg zu Fuß von Langweid nach Gersthofen in Kauf. Nach dem Krieg siedelten sich dann auch in Langweid Firmen an. Die größte davon wurde die Firma Michalke, die ab 1953 in Foret mit dem Aufbau begann. „Das war sicher ein großer Schritt für die Entwicklung.“Es brachte aber den Ort auch in eine gewisse Abhängigkeit. Schon damals wurde der größte Teil der landwirtschaftlichen Betriebe am Ort nur noch im Nebenerwerb geführt. Jahn: „Heute gibt’s hier insgesamt nur noch etwa 15 bis 18 Betriebe.“
Das Unternehmen hatte nämlich einen großen Bedarf an Mitarbeitern. Zur Blütezeit waren es Jahn zufolge bis zu 2500 Beschäftigte. Um diesen Bedarf zu decken, wurden in einer ersten Welle griechische „Gastarbeiter“geholt, dann folgten die Türken. Das legte den Grundstein für die Vielfalt an Nationen, aus der die Bürger Langweids heute stammen. Aktuell leben Menschen aus 59 Nationen hier. „Die türki- schen Mitbürger sind darunter die größte Gruppe“, sagt Jahn.
Als im Jahr 1978 Jahns Amtszeit im Rathaus begann, war Langweid schon nicht mehr so dörflich geprägt. „Ich musste nach der Gebietsreform dafür sorgen, dass die Ortsteile zusammenwachsen. Stettenhofen und Achsheim hatten sich schon im Jahr 1970 freiwillig Langweid angeschlossen.
1972 stieg die damalige Firma Hoechst bei Michalke ein. Der Niedergang der Firma Michalke ab dem Jahr 1990 – man hatte sich in den damaligen GUS-Staaten der ehemaligen Sowjetunion engagiert und wohl verspekuliert – stellte die Gemeinde vor große Herausforderungen: „Oft haben dort ganze Familien gearbeitet.“Im Jahr 1995 folgte die Schließung, Hoechst verlegte die Produktionswege aus Langweid weg.
Nach intensiven Verhandlungen wurde das Gelände verkauft. Die Gemeinde bekam nur einzelne Flächen und Gebäudeteile. Inzwischen sind dort wieder zahlreiche Firmen heimisch. Außerdem entstand dort das „Waldviertel“, ein Wohngebiet mit Häusern im Toskanastil.
Der zweite entscheidende Auslöser für die Entwicklung Langweids zur heutigen Blüte war der Bau der Ortsumgehung zunächst in Langweid, dann auch in Stettenhofen, wo sich täglich lange Staus mitten durch die Ortsmitte gequält hatten.
Zusätzlichen Schub gab der durchgehende vierspurige Ausbau der B 2 bis Donauwörth. „Diese perfekte Verkehrsanbindung hat uns sehr geholfen, östlich der B2 Gewerbe anzusiedeln, unter anderem die Firma Sonepar“, sagt Jahn. Damals habe man mit dem Unternehmen vereinbart, dass einheimische Stellenbewerber bevorzugt würden. Gab es in der absoluten Blütezeit einmal 3000 Arbeitsplätze am Ort, seien es jetzt wieder 2000 bis 2500.
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So geht’s weiter Im nächsten Teil sprechen wir mit Bürgermeister Jürgen Gilg darüber, vor welche Herausforderun gen das Wachstum Langweid stellt.