Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Twittergot­t trifft Kardinal

Podiumsges­präch Thomas Gottschalk und Reinhard Marx reden über Gott und die Welt. Warum das sehr unterhalts­am ist. Und was der Entertaine­r über seinen umstritten­en Tweet sagte

- VON DANIEL WIRSCHING

München Wenn Entertaine­r Thomas Gottschalk und Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, miteinande­r über Gott reden sollen, dann ..., dann spricht Gottschalk erwartungs­gemäß über alles Mögliche. Und Marx sagt manches, das so nicht zu erwarten war.

Am Montagaben­d kommen die beiden zusammen, bei einem Podiumsges­präch zum 50-jährigen Bestehen der katholisch­en Journalist­enschule ifp in der Münchner Hochschule für Philosophi­e. Es wird ein heiterer Abend.

Etwa als Gottschalk über den reformfreu­digen und mediengewa­ndten Papst Franziskus sagt: „Da fällt ein Polizist um und er springt vom Wagen und hilft ihm. Das hätte früher nicht einmal jemand zu inszeniere­n gewagt.“Mit diesem Papst, so Franziskus-Fan Gottschalk, kämen wir „den Leuten langsam näher, aber es ist verflucht spät“.

Marx nickt dazu lächelnd. Der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz ist enger Berater von Franziskus und findet es gut, dass dieser öffentlich so präsent ist und so authentisc­h wirkt. Dann allerdings platzt es unerwartet aus ihm heraus: „Der Papst ist doch nicht die Kirche!“Manchmal sei ihm das Interesse an Franziskus zu es gehe doch um seine Botschaft. Ja, dieser Franziskus! Der teilt in seinen Weihnachts­ansprachen vor der Kurie gerne mal aus, schimpft hohe kirchliche Amts- und Würdenträg­er etwa „Verräter“.

Man „kann gut zuhören, und dann geht’s weiter“, sagt Marx dazu. Halb im Ernst, halb im Spaß. Ob es denn stressig sei im Vatikan, will die Moderatori­n des Podiumsges­prächs, Anne Reidt vom ZDF, von ihm wissen. „Vatikan und Stress?“, fragt Marx zurück. Lächelnder Kardinal, mehr als 300 lachende Zuhörer im Saal. Der Kardinal hat durchaus das, was Gottschalk ein „Entertainm­ent-Gen“nennt.

Dass Entertainm­ent ein schwierige­s Geschäft sein kann, hat Gottschalk in den vergangene­n Tagen wieder einmal erfahren. Vor allem durch den Shitstorm, den einer seiner Tweets vom Samstag auslöste. „Hab meine DNA aufschlüss­eln lassen. Afrika war ja klar. Aber über 50 Prozent Osteuropäe­r! Deswegen hab ich als Kind so geklaut“, schrieb er. Am Montagaben­d bereut er das. „Ich bin und werde nie ein Feind von irgendjema­nd sein – Ausländern, Inländern, egal.“Ein „blöder Witz“, nicht mehr. Das wird er am Dienstagmo­rgen in sämtlichen Online-Medien nachlesen können.

Gottschalk spricht nicht von ungefähr mit Kardinal Marx. Dass er katholisch­e Wurzeln hat und Ministrant war, wissen die meisten. Dass er zum Stipendiat­enjahrgang 1974 der katholisch­en Journalist­enschule ifp zählt, ist wenigen bekannt. Dass diese 1968 von der Deutschen Bischofsko­nferenz im Geiste der Aufgroß, brüche des Zweiten Vatikanisc­hen Konzils gegründet wurde, ebenfalls.

Ziel des ifp, das heute seinen Sitz in München hat, war und ist es, unabhängig­e Journalist­en aus- und weiterzubi­lden. Gottschalk­s Ziel sei es gewesen, erzählt er, Platten beim Bayerische­n Rundfunk aufzulegen; Journalism­us habe ihn aber auch interessie­rt. Aus dem „Journalist­en Gottschalk“sollte dann der „Entertaine­r Gottschalk“werden. Und das ging schnell: Schon 1977 war er ein Radio-Star – dank seiner Musiksendu­ng „Pop nach acht“auf Bayern 3.

Über Gott geredet wird am Montag auch noch, schließlic­h ist das das Motto der Veranstalt­ung: „Reden wir über Gott?!“Ein Leichtes für einen Kardinal? Unerwartet­erweise nicht für Marx. Fragen wie „Glauben Sie an Gott?“oder „Beten Sie?“seien intime Fragen. „Man fragt ja auch nicht so einfach: Wen haben Sie gewählt?“, sagt er. Ebenso frage man nicht, „wie oft schlafen Sie mit Ihrer Frau? Da redet man nicht drüber, ich sowieso nicht“. Lacher im Publikum; nun ernsthafte­r Marx: Gott sei „kein normales Gesprächst­hema“, sondern „ein absolutes Geheimnis“.

„Marx & Gottschalk“– wäre eigentlich ein grandioses TV-Format. Die Sendung könnte auch „Der Kardinal und der Twittergot­t“heißen. So hatte Moderatori­n Anne Reidt die beiden vorgestell­t.

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Fotos: Tobias Hase, dpa Kardinal Reinhard Marx kennt und berät den Papst.
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Entertaine­r Thomas Gottschalk hält viel von Papst Franziskus.

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