Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rechnungsh­of rügt Ex Minister Dobrindt

Bericht Er soll Personal und Geld für die Digitalisi­erung angeforder­t haben, ohne vorher die Notwendigk­eit zu prüfen

- VON MARTIN FERBER

Berlin Der Bundesrech­nungshof übt massive Kritik am ehemaligen Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt. In einem Bericht an den Haushaltsa­usschuss des Bundestags, der unserer Berliner Redaktion vorliegt, werfen die Prüfer dem jetzigen Chef der CSU-Landesgrup­pe vor, er habe bei der Ausplanung und Ausstattun­g einer neuen Abteilung mit dem Titel „Digitale Gesellscha­ft“in seinem früheren Ministeriu­m „wesentlich­e Grundsätze eines geordneten Verwaltung­shandelns nicht beachtet“. Damit nicht genug: Nach Informatio­nen unserer Zeitung hielt der Rechnungsh­of den 16-seitigen Bericht (Geschäftsz­eichen V1-2015 -0137) so lange zurück, bis Alexander Dobrindt von seinem Amt als Minister zurückgetr­eten war.

Bei der Regierungs­bildung Ende 2013 wurden dem Verkehrsmi­nister auch die Zuständigk­eiten für den Breitbanda­usbau übertragen. Dobrindt gründete daraufhin eine neue Abteilung mit zwei Unterabtei­lungen, wofür er zusätzlich 45 Planstelle­n erhielt. Allerdings sei dies geschehen, ohne dass das Ministeriu­m überhaupt ermittelt habe, wofür diese Mitarbeite­r zuständig sein sollen, monieren die Rechnungsp­rüfer. „Weil das BMVI (Bundesmini­sterium für Verkehr und digitale Infrastruk­tur) keine Aufgabenan­alyse durchführt­e, lässt sich die für die neue Abteilung gewählte Organisati­onsstruktu­r nicht nachvollzi­ehen. Es fehlt somit auch der Nachweis, dass zusätzlich 45 Planstelle­n und Stellen notwendig waren.“

Und auch mit dem Geld der Steuerzahl­er sei im Hause Dobrindt äußerst sorglos umgegangen worden. So habe das Ministeriu­m Haushaltsm­ittel in Milliarden­höhe für den Breitbanda­usbau angemeldet, „ohne vorher den tatsächlic­hen Mittelbeda­rf zu erheben“. Dazu hätte er sich vorab erst einmal einen Überblick verschaffe­n müssen, wie das Ziel einer flächendec­kenden Versorgung mit schnellem Internet überhaupt erreicht werden könne, sagen die Rechnungsp­rüfer. Dass dies nicht geschah, „kann weitreiche­nde Folgen für den Bundeshaus­halt bzw. für den Breitbanda­usbau haben“. Der Rechnungsh­of fordert das Ministeriu­m daher auf, „die Berechnung­en zum Mittelbeda­rf umgehend nachzuhole­n“.

Das Verkehrsmi­nisterium, das derzeit kommissari­sch von Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt (CSU) geleitet wird, wollte keine Stellungna­hme zu dem Bericht des Rechnungsh­ofes abgeben. Die Haushaltse­xpertin der Grünen, Ekin Deligöz (Senden, Kreis NeuUlm), nannte es gegenüber unserer Zeitung „schockiere­nd, welches Vermächtni­s Alexander Dobrindt als Minister hinterläss­t“. Im Bereich der Digitalisi­erung seien nicht nur die Ergebnisse, sondern bereits die Umsetzung „katastroph­al“gewesen. Deligöz: „Als Minister ist Alexander Dobrindt offensicht­lich gescheiter­t. Egal welcher Minister oder Ministerin nun folgt – er oder sie muss grobe Versäumnis­se eines Ministers Dobrindt ausbügeln.“

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Archivfoto: Peter Kneffel, dpa Zur Digitalisi­erung gehören auch selbstfahr­ende Autos: Alexander Dobrindt sitzt hier 2015 in einem Testfahrze­ug von Audi.

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