Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Siemens Chef Kaeser als Buhmann
Hauptversammlung Standorte stehen vor dem Aus. Betroffene Mitarbeiter demonstrieren in München. Der Konzern-Chef deutet zumindest vage eine Lösung für das Werk in Görlitz an
München Auch Manager wollen geliebt werden, Joe Kaeser besonders. Denn der Siemens-Chef ist überzeugt, dass der Konzern „so gut wie noch nie dasteht“. Dabei verzichtet der 60-Jährige darauf, seinen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens auf der gestrigen Hauptversammlung direkt herauszustellen. Selbstlob stinkt nun mal. So rühmt der Niederbayer vor den Aktionären in der Münchner Olympiahalle ausgiebig den Konzern und dessen Mitarbeiter. Dass er damit auch sich als obersten Angestellten meint, bleibt nicht verborgen. Mit einem breiten, als überaus zufrieden zu interpretierenden Lächeln zitiert der wegen seiner Job-Abbaupläne heftig gescholtene Kaeser genüsslich die Ergebnisse einer Studie der Wirtschaftszeitschrift Forbes. Demnach wurden 15 000 „Meinungsführer“in 60 Ländern befragt, welches terer Münchner mit Janker kommt vorbei und sagt nuschelnd: „Hebt’s es auf und stellt’s es auf!“Die aus Ostdeutschland nach München gereisten Siemens-Mitarbeiter verstehen den Herren sprachlich nicht so recht. Aber vor allem begreifen sie die Siemens-Welt nicht mehr. Ein Beschäftigter des Erfurter Werkes, der seinen Namen nicht nennen mag, meint frustriert: „Wenn der Standort dichtgemacht wird, hat es sich für mich erledigt. Erfurt ist dann tot, denn es gibt kaum noch Industrie bei uns.“
Der 53-Jährige glaubt nicht, einen anderen Arbeitsplatz in einem produzierenden Betrieb in der Region Erfurt zu finden. „Ich fahre dann halt auf Montage. Ich muss ja arbeiten. Ich habe Familie, habe eine Tochter.“Dann folgt ein Satz des kräftigen Mannes mit Schnurrbart, der auch Kaeser rühren sollte: „Ich bin in Erfurt geboren. Ich will auch in Erfurt sterben.“Dort lebe auch
Kaeser rühmt die Firma als angesehenen Konzern
Mitarbeiter verstehen die Entscheidungen nicht