Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Doppelmörder zeigt keine Reue
Justiz Marcel H. tötete den neunjährigen Jaden und einen Freund. Jetzt steht sein Urteil fest
Bochum Er kam im Anzug ins Bochumer Landgericht und hatte Hoffnung auf eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht. Doch gestern kassierte der 20-jährige Marcel H. für einen zweifachen Mord von seltener Grausamkeit die Höchststrafe – lebenslang.
Elf Monate ist es her, dass der junge Mann aus Herne im Ruhrgebiet zuerst den neunjährigen Jaden und dann auch seinen 22-jährigen einstigen Freund Christopher umgebracht hat. Wann er wieder aus der Haft kommt, ist völlig unklar – vielleicht sogar nie mehr. Denn die Bochumer Kammer stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Weil die Richter Marcel H. für sehr gefährlich halten, behielten sie sich eine spätere Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vor. Die wäre unbefristet.
Marcel H. hatte sich für die Urteilsverkündung erstmals ein dunkles Sakko angezogen. Zum Prozessauftakt vor knapp fünf Monaten war er noch in Badelatschen und Gefängniskluft vor Gericht erschienen. Das Urteil nahm er ohne Regung auf – wahrscheinlich wird er es sogar akzeptieren. „Nach Lage der Dinge werden wir keine Revision einlegen“, sagte sein Verteidiger. „Ich habe mit ihm gesprochen. Er will es nicht.“
Die Mutter des kleinen Jaden, der im März 2017 als Erster getötet worden war, nahm das Urteil mit gemischten Gefühlen auf. „Die Tat wird sie ihr Leben lang begleiten“, sagte ihr Anwalt nach Prozessende. „Es ist aber wichtig, dass Opfer von Gewalttaten das Gefühl haben, dass eine gerechte Strafe verhängt wird. Das war hier der Fall.“Richter Stefan Culemann hatte in der Urteilsbegründung praktisch kein Wort mehr über die grausamen Taten verloren. Dass mit dem Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung am Ende sogar die Höchststrafe verhängt wurde, begründete er so: „Die Tötung von Jaden war völlig anlasslos.“Außerdem habe H. in der Untersuchungshaft weitere Tötungsfantasien geäußert – unter anderem die Strangulierung einer Wachtmeisterin mit deren eigenen Haaren.
Neben der Verurteilung sprachen die Richter den Hinterbliebenen der beiden Opfer insgesamt 90 000 Euro Schmerzensgeld zu. Doch die Zahlung kann natürlich nur fließen, wenn Marcel H. irgendwann zu Geld kommen sollte.
Der zur Tatzeit 19-Jährige hatte gestanden, am 6. März 2017 den neunjährigen Nachbarsjungen Jaden und tags darauf seinen 22-jährigen früheren Schulfreund Christopher umgebracht zu haben. Die Ärzte zählten später insgesamt 120 Messerstiche. Fotos der grausam zugerichteten Leichen waren damals im Internet aufgetaucht und hatten für Angst und Entsetzen gesorgt. Im Prozess sagte Marcel H. nichts zu den Vorwürfen, zeigte keine Reue.
In einem Brief an seine Mutter hatte er allerdings erstmals geäußert, ihm sei bewusst geworden, welchen „Schaden“er mit seinen Taten „angerichtet“habe. Unterzeichnet war der Brief mit der Grußformel: „Dein ratloser Sohn Marcel.“Das Gericht hat keinen Zweifel daran gelassen, dass Marcel H. nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden musste. „Von einer Jugendverfehlung kann keine Rede sein“, so der Richter.