Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Spektakuläre Mode aus Müll
Lebensstil Der international gefragte Berliner Modekünstler Stephan Hann zeigt außergewöhnliche Roben im Textilmuseum. Wie das Jahr 2017 im Museum lief – und welche Aktionen in diesem Jahr bevorstehen
Wie wäre es mit einem lässigen Overall aus Tablettenfolien? Oder mit einem Cocktailkleid aus Tetrapack-Kartons? Mode ist nicht nur zum Anziehen da. Sie kann auch ein gesellschaftspolitisches „Statement“sein. Das wird ab April eine neue Schau im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) zeigen. Die größte Ausstellung in diesem Jahr ist dem Berliner Modekünstler Stephan Hann gewidmet.
Das Motto „Phoenix“steht fürs Programm: Gezeigt werden spektakuläre Modelle, die aus Müll entstanden sind – so wie sich einst der prächtige Vogel Phönix aus Asche erhob. Museumsdirektor Karl B. Murr freut sich schon sehr auf die Modewelten von Stephan Hann. Der international gefragte Berliner ist bekannt für Kreationen, die vor allem Kunstwerke sind. Vom Grundsatz her können sie aber auch getragen werden. Deshalb versucht man im tim, eine Modenschau im Zusammenhang mit der neuen Ausstellung zu realisieren.
Hann hat für Bühnen gearbeitet. Seine Arbeiten werden in vielen bekannten Museen in Europa ausgestellt. Mehrere Jahre lebte er in Paris, wo er unter anderen für Swarovski tätig war. 1985 präsentierte er seine „Papier-Kollektion“mit voluminösen Roben aus Telefonbuchseiten und Zeitungspapier. 1993 entstand seine Kollektion „Na- turgewalten“, die an feengleiche Luxuswesen mit Rosenblättern, Federn und Zweigen erinnert. Hann entwarf auch Photokleider und brachte eine „Architektur-Kollektion“mit Kleidung aus gefalteten Plänen heraus. Dem Kunstgewerbemuseum Berlin bescherte eine Schau mit Stephan Hann 2009 einen Besucherrekord.
Im Augsburger tim werden fast 100 spektakuläre Modelle des Modekünstlers zu sehen sein. Ein Schwerpunkt sind prächtige Roben, die aus Resten unseres Wohlstandsmülls entstanden. Museumschef Murr sieht in Hann einen modernen Alchemisten. Er arbeitet mit Dingen, die normalerweise im Abfall landen, und erschafft daraus Couture. Hann gehe es aber auch um den einzigartigen Wert von alltäglichen Dingen, sagt Murr. Wertlos erscheinende Materialien verwandelt er in Kunst. Wichtig ist ihm der Erinnerungswert der verarbeiteten Materialien. Sie sollen zu Botschaftern eines kulturellen Gedächtnisses werden.
Die Ausstellung „Phoenix, Modewelten von Stephan Hann “läuft von 7. April bis 29. Juli. Schulklassen können sie auf besondere Weise erkunden, selbst aktiv werden und aus weggeworfenen Dingen eigene Werke kreieren.
Neben dieser zentralen Schau für das Jahr 2018 gibt es im tim noch weitere Ausstellungsprojekte und Aktivitäten. Murr hob in seinem Rückblick auf das vergangenen Jahr hervor, dass das staatliche Museum weiterhin sehr gut bei der Bevölkerung ankommt und in vielen Bereichen aktiv ist. Besonders groß sei
Im vergangenen Jahr kamen über 102 000 Besucher
das Echo auf die Sonderausstellung „Glanz und Grauen – Mode im Dritten Reich“gewesen.
Insgesamt kamen 2017 über 102 000 Besucher ins tim. Dieser Erfolg sei sehr erfreulich, so Murr. Auch die laufende Sonderausstellung „Kahn & Arnold“über Aufstieg, Verfolgung und Emigration zweier Augsburger Unternehmerfamilien im Nationalsozialismus stößt auf großes Interesse bei Besuchern. Deshalb wird sie bis Ende 2018 verlängert.