Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Drogenfund: Cannabispatient baut selbst an
Justiz Ein 59-Jähriger hat in Fischach eine eigene Plantage. Nun ermittelt die Polizei. Die Blüten, sagt der Mann, seien seine Medizin
Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands in Schwaben, steht dem Einsatz von Cannabis in der Me dizin kritisch gegenüber. Dieser solle auf Einzelfälle beschränkt bleiben. Er selbst hat in seiner Praxis schon einige Patienten, die nach der Droge verlangt hatten, an einen Schmerz therapeuten verwiesen. (AL) Fischach Die Polizei hat die Pflanzen einkassiert, und sie ermittelt gegen den Mann, der sie aufgestellt hat. Beamte der Inspektion Zusmarshausen rückten am Montag aus, um ein Haus in Fischach zu durchsuchen. Sie hatten einen Hinweis erhalten: Der Stromverbrauch in dem Haus soll hoch gewesen sein. Außerdem, so teilte die Polizei später mit, soll es in dem Gebäude deutlich nach Marihuana gerochen haben (wir berichteten). In einem versperrten Raum fanden die Polizisten eine Anlage
Medizin gegen Schmerzen
zur Aufzucht von Cannabis, außerdem eine größere Menge Marihuana in der Küche.
Als der Tatverdächtige, ein 59 Jahre alter Mann, mit dem Roller nach Hause fuhr, waren die Beamten noch vor Ort. Ungünstig für den Mann: Er soll während der Fahrt mit dem Roller unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gestanden haben. Die Polizei ermittelt nun wegen mehrerer möglicher Delikte, wie Inspektionsleiter Raimund Pauli mitteilt. Über die genaue Menge des gefundenen Marihuanas sagt die Polizei noch nichts. Es sei aber keine kleine Menge gewesen, sagt Pauli.
Für den 59-jährigen Beschuldigten aus Fischach ist die Lage unangenehm. Nicht nur, weil ihm ein Prozess vor dem Strafgericht droht, sondern auch, weil Cannabis seine Medizin ist, wie er sagt. Armin S. ist Schmerzpatient wegen einer früheren Infektion mit Hepatitis C, von seiner Ärztin hat er einen entsprechenden Ausweis. „Cannabis-Blüten“, steht auf der Rückseite der kleinen Karte. „Bedrocan“steht dort ebenfalls. Es ist der Name einer niederländischen Firma, die solche Blüten für medizinische Verwendung herstellt. Laut „Einnahmeanweisung“liegt die Dosis von Armin S. bei einem Gramm pro Tag. Dank Cannabis, sagt er, habe er weniger Schmerzen und überhaupt mal wieder Appetit auf etwas. Die zehn Gramm, die er verschrieben bekomme, kosteten ihn in der Apotheke 250 Euro. Armin S. arbeitet halbtags und hat nicht viel Geld zur Verfügung. Mehr könne er sich monatlich nicht leisten, sagt er. Er brauche aber mehr. Das Dreifache etwa.
Deswegen baue er an. Beziehungsweise: Deswegen baute er an. Denn das geht nun nicht mehr. Dass seine Aufzuchtanlage überdurchschnittlich viel Strom verbrauche, glaube er nicht. „Wegen einer LEDLampe? Unsere Stromrechnung ist so hoch, weil wir eine Nachtspeicherheizung haben.“Dass er etwas Illegales getan hat, sagt er, wisse er. Wirklich anders zu helfen, habe er sich aber auch nicht gewusst.