Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Geruchsarme Gülle und weniger Chemie
Natur Für viele Bauern gilt: Wenn der Hof nicht wächst, bleibt nur der Verkauf. Dass es auch anders geht – bei gleichen Kosten –, erklären Landwirte in Blindheim
Dillingen Gülle: Seit 1. Februar kann der stinkende Fäkalienabfall von Rindern oder Schweinen, mit dem die Landwirte ihre Felder tränken, wieder ausgebracht werden, um den lästigen Unrat aus ihren Ställen loszuwerden. Eine weitverbreitete Meinung, mit der Bauern immer häufiger der öffentliche Stinkefinger gezeigt wird. Wegen dieser Vorurteile diskutieren Landwirte, wie die Gülle als wichtiger Stickstofflieferant auf die Felder kommt, ohne die Umwelt mit übel riechenden Emissionen zu belasten. Zwar wurden riesige und teure Schleppschlauchverteiler zur bodennahen Gülleausbringung entwickelt, wodurch die Geruchsbelästigung reduziert werden soll. Doch das verunsichert die Bauern noch mehr. Während die Vertreter der Schlepperschlauchverteilerproduzenten saubere und geruchsärmere Luft versprechen, beklagen ihre Gegner beschädigte Böden durch verstärkte Lachgasentwicklung und noch mehr Fäulnis in den Böden mit einer wurzelschädigenden Wirkung für viele Pflanzen.
Dabei gibt es seit Jahren eine Methode für saubere, geruchsarme, bodenund gewässerschonende Gülle – hieß es bei einer Veranstaltung des Unternehmens „Natur Sinn“zum Thema „Saubere Gülle“im Gasthof Zum Kreuz in Blindheim. Josef Kraus, Landwirt aus dem Allgäu, berichtete den rund 50 Landwirten aus den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen über seine landwirtschaftliche Betriebsführung. Diese sei nicht auf staatliche Subventionen ausgerichtet, nach dem Prinzip „wachsen oder weichen“. Stattdessen versucht Kraus, seine Arbeit in ein vernünftiges Lot zu bringen, ohne nur noch ein Auge auf die Produktion zu haben. Eine Hilfe sei, die Gülle nicht mehr als lästiges Abfallprodukt, sondern als Schlüssel zum betrieblichen Erfolg zu bewerten.
Dafür steht nach den Worten von Josef Kraus die mikrobielle Güllebehandlung, mit der eine fast geruchsfreie, homogene, boden- und pflanzenverträgliche Düngung mit gutem Nährstoffgehalt auf die Felder ausgebracht wird.
Notwendig zur Gülleveredelung sei die Mineralisierung durch Lavavulkangesteinsmehl, das Ammoniak und andere giftige Nährstoffe binde. Darüber hinaus würden aus Kräutern gewonnene „Effektive Mikroorganismen“(EM) in Verbindung mit Aktivkohle der Gülle zugeführt. Dadurch werde das Fäulnismilieu in der Gülle gestoppt, was eine wurzelschädigende Wirkung auf viele Kulturpflanzen habe und in dem sich Unkräuter und Ungräser wohlfühlen und entfalten. Die Folgen seien unter anderem: nachweislich weniger Schädlinge und Pflanzenkrankheiten, gesünderes, üppigeres Pflanzenwachstum, und eine bessere Bodenstruktur. „Bedeutende Mehrkosten fallen bei der Güllebehandlung nicht an“, sagte Referent Kraus, „denn dem stehen die Einsparungen an Kunstdünger, Pestiziden oder Kraftfutter gegenüber.“Klar sei auch, dass bei den Landwirten dabei Geduld angebracht sein müsse, sagt Kraus, denn einzig die Vermeidung der Geruchsbelästigung sei umgehend möglich. Der Prozess der Bodenverbesserung mit nachhaltigen Ergebnissen bei den Ernteerträgen dauere rund sechs Jahre. Landwirt Karl Baumgartner aus Mörslingen behandelt bereits seit sechs Jahren die Gülle so wie von Kraus beschrieben. Er ist sehr zufrieden damit. Die Mehrarbeit, die Gülle mit den Grundstoffen aufzubereiten, werde durch die Vorteile, die schon mittelfristig greifen, ausgeglichen. Neben den Ausbringungsvorteilen wachsen laut Baumgartner seine Kulturpflanzen inzwischen bedeutend besser und ergiebiger. Das gehaltvollere Futter sei gut für die Tiere und entlaste das Ökosystem spürbar. Bereits in den ersten drei Jahren der besonderen Güllebehandlung konnte er zunehmend auf Kunstdünger und andere chemische Spritzmittel verzichten. Vor drei Jahren stellte er seinen Hof dann auf „bio“um. „Den Bestand von 50 bis 60 Kühen im Stall musste ich mit dieser Art der Bewirtschaftung meiner 50 Hektar nicht ändern“, berichtete der Landwirt von der Mittelmühle in Mörslingen. „Denn durch den erzielten BioMilchpreis gab es bei uns nicht die Frage ,wachsen oder weichen’. Karl und Irmtrud Baumgartner sind sich sicher: „Wir müssen nachhaltige Landwirtschaft betreiben und dafür enkeltaugliche Lösungen anbieten.“Zum Thema der mit der Düngeverordnung empfohlenen Schleppschlauchverteiler für die bodennahe Ausbringung der Gülle verweist Baumgartner auf die Niederlande. Dort sei man nach 20 Jahren wieder davon abgekommen. Denn die Gülle faule durch die Lachgasbildung auch in den Bodenschlitzen, was wiederum zu Geruchsbildung führe.