Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wann ein Wildtier betäubt werden kann
Die Wildsau im Dillinger C&A musste erschossen werden
Mit zwei Schüssen brachte die Dillinger Polizei das Wildschwein zur Strecke. Einige unserer Leser kritisieren, dass das Tier nicht betäubt wurde. Herr Singer, wer kann denn eigentlich ein Wildschwein betäuben?
Singer: Nach dem Tierschutzgesetz darf die Betäubung warmblütiger Wirbeltiere sowie von Amphibien und Reptilien nur von einem Tierarzt vorgenommen werden. Für die Betäubung mit Betäubungspatronen kann die zuständige Behörde allerdings Ausnahmen zulassen. In Gefahrensituationen greifen jedoch vorrangig die Befugnisse des Polizeiaufgabengesetzes. Die Entscheidung über die im konkreten Einzelfall notwendigen Maßnahmen trifft hierbei alleinig die Polizei.
Wie schwierig ist es, ein Tier sicher zu betäuben, ohne ihm zu schaden? Singer: Genaue Fragen zur Dosierung müssten von Stellen beantwortet werden, welche des Öfteren entsprechende Betäubungen vornehmen, beispielsweise Tierkliniken. Es ist jedoch bekannt, dass es bei der Betäubung, insbesondere von aufgeregten (Wild-)tieren, durchaus zu Schwierigkeiten kommen kann, da das Betäubungsmittel bei gestressten und aufgeregten Tieren gegebenenfalls nicht wirken kann. Zuletzt stellt sich bei der Anwendung an Wildtieren neben dem Problem der Wartezeit bis zum Eintritt der Wirkung des Betäubungsmittels die Ungewissheit, wie lange die Wirkung der Betäubung anhält.
Ist es überhaupt realistisch, in einer Gefahrensituation ein Tier zu betäuben, anstatt es zu erschießen?
Singer: Dies ist aus unserer Sicht abhängig von der konkreten Situation. Wegen der Unwägbarkeiten (Wartezeit bis Wirkung eintritt/ggf. gar keine Wirkung) sowie der Unberechenbarkeit des Tieres in der Ausnahmesituation und der damit verbundenen Gefahr für Menschenleben erscheint dies jedoch wenig realistisch.
Gab es in der Region schon einmal einen vergleichbaren Einsatz, bei dem ein Tier betäubt werden konnte? Singer: Dem Landratsamt Dillingen ist kein entsprechender Fall bekannt. Interview: Jakob Stadler