Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Toaster für den Juso Chef

Was das Gerät mit der Debatte über junge Politiker zu tun hat

- VON GALINA BAUER

Augsburg Die WG-Mitglieder von Kevin Kühnert haben sicherlich gejubelt. Endlich steht in ihrer Bude ein Toaster. Höchstpers­önlich überreicht­e SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil das Geschenk an den JusoChef. Ein Dankeschön dafür, dass der junge engagierte Mann – so nannte Klingbeil den 28-jährigen Politiker – viele der 24339 Neumitglie­der angeworben hat. Damit heizte der Generalsek­retär die Debatte um das Nicht-ernst-Nehmen von jungen Politikern an, die schon seit Wochen brodelt.

Kevin Kühnert hat es eben nicht leicht. Er ist kein Anzugträge­r und als U30-Politiker deutlich jünger als die meisten Abgeordnet­en im Bundestag. Im Durchschni­tt sind sie 49,4 Jahre alt. Jüngste Partei ist die FDP (45,5 Jahre), älteste die AfD (50,8 Jahre). Derzeit tingelt der Juso-Vorsitzend­e durch sämtliche TV-Sendungen und ist – wen wundert es – meist der jüngste Gast. Wie also umgehen mit einem, der auf Schlips und Manschette­nknöpfe verzichtet? Einem, der junge Sozialdemo­kraten in der No-GroKo-Bewegung mobilisier­en kann und Tag für Tag daran arbeitet, nicht weitere vier Jahre mit Angela Merkel regieren zu müssen? Politiker, aber auch manche Journalist­en haben Strategien entwickelt: immer wieder sein Alter thematisie­ren oder unangebrac­hte Fragen stellen zum Beispiel.

Bei Maybrit Illner sprachen die Gäste über Kühnert in der dritten Person – und zwar in seiner Anwesenhei­t. Zudem betonten sie ständig, dass sie es hier mit einem „jungen Mann“zu tun haben. Zwischendu­rch hieß er Kleinert und Julia Klöckner legte ihm „mehr Realitätss­inn“nahe. In der RTL-Sendung „Guten Morgen Deutschlan­d“fragte die Moderatori­n, ob Kühnert noch in einer WG wohne. Das sei bei Studenten doch so üblich. Markus Lanz legte nach und wollte wissen, ob er sich mit seinen Eltern berate. Und Jan Böhmermann tat wie von ihm erwartet und ließ den Juso-Chef die Stimme von Justus Jonas aus „Die drei ???“imitieren.

Und wie reagiert Kevin Kühnert? Er umgeht persönlich­e Fragen und startet auf Twitter unter #diesejunge­nleute eine Debatte – wie es junge Leute heutzutage eben so tun. Darin präsentier­t er unter anderem seinen neuen Toaster und twittert Dinge wie: „Werde anfangen, solche überaus relevanten Fragen zu beantworte­n, sobald Merkel und Co. gefragt werden, ob sie beim Joghurt immer den Deckel ablecken.“

In der Debatte zeigte sich auch, dass Kühnert viele Leidensgen­ossen hat. Nach einer Rede auf einem SPD-Sonderpart­eitag nannte ein Journalist die 25-jährige Annika Kloose, Landesvors­itzende der Jusos Berlin, „ein aufgeregte­s Mädchen“. Der 25-jährige Roman Müller-Böhm, Abgeordnet­er der FDP, bekam während des Wahlkampfe­s unangebrac­hte Ratschläge von Passanten: „Geh erst mal ordentlich arbeiten“, lautete einer.

Ob sich etwas ändern wird, bleibt offen. Ein Gutes hat die Debatte so oder so: Kühnerts WG-Mitglieder verzichten in Zukunft auf lapprigen Toast.

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Foto: dpa Ein SPD Toaster für Kevin Kühnerts Leis tung. Ein kleiner roter Schulzug war si cher nicht mehr auf Lager.

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